(Letzte Aktualisierung: 14.03.2021)
Das Gerichtsverfahren kostet Geld. In der Regel sind beide Seiten durch Anwälte vertreten, die ihre Vergütung abrechnen können. Kosten für die Beweisaufnahme wie Zeugengelder gehören ebenso dazu, wobei sich Sachverständigenkosten leicht im Bereich mehrerer tausend Euro bewegen. Ebenso verlangt der Staat Gebühren dafür, dass er das Gericht zur Verfügung stellt.
Diese Kosten muss nach deutschem Recht derjenige ersetzen, der den Prozess verloren hat. Schließlich hätte er ja gleich erkennen können, dass er im Unrecht ist, und dementsprechend die Klage nicht erheben müssen bzw. die berechtigte Forderung der Gegenseite außergerichtlich erfüllen können.
Etwas anderes gilt allerdings, wenn jeder Beteiligte teilweise gewinnt bzw. verliert oder wenn einzelne, abgrenzbare Kosten durch das Verschulden einer Partei entstanden sind.
Inhalt
Wann kommt Kostentrennung in Betracht?
Unabhängig vom gesamten Gewinnen oder Verlieren des Rechtsstreits werden Kosten getrennt festgesetzt, wenn dies gesetzlich vorgesehen ist. Relevant sind hier insbesondere:
- für sich gesehen erfolglose Beweismittel (§ 96)
- Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 238 Abs. 4)
- Anrufung des unzuständigen Gerichts (§ 281 Abs. 3 Satz 2)
- Säumniskosten (§§ 344, 95)
Wann liegt ein geringfügiges Unterliegen (§ 92 Abs. 2) vor?
Ein nur geringfügiges Unterliegen, das in der Kostenlast nicht berücksichtigt wird, liegt in der Regel nur vor, wenn das Unterliegen weniger als 10 % beträgt und zudem keine höheren Kosten (insb. kein Gebührensprung) verursacht wurde.
Wann braucht man die Baumbach’sche Kostenformel?
Die Baumbachformel ist immer dann nötig, wenn es mehrere Kläger oder mehrere Beklagte gibt, die in unterschiedlichem Umfang verlieren. Dann funktionieren die gesetzlichen Regelungen der §§ 91 und 92 ZPO nicht mehr, da man den Prozess nun gedanklich in verschiedene „Einzelprozesse“ aufteilen und jeweils eine Kostenquote bilden müsste. Das wiederum geht aber auch nicht in dieser Form, da die Anwaltskosten nicht derart aufteilbar sind. Daher hat man dafür die Baumbach’sche Kostenformel entwickelt.
Was sind bei der Baumbach’schen Kostenformel die „außergerichtlichen Kosten“?
Im Rahmen der Baumbach-Formel werden Gerichtskosten und außergerichtliche Kosten separat aufgeteilt.
Dieser Begriff ist missverständlich. Es handelt dabei vor allem um die Anwaltskosten, die also sehr wohl „gerichtlich“ sind, da sie für die Rechtsverfolgung vor Gericht anfallen. Gemeint ist damit eher „alle Kosten, die nicht Gerichtsgebühren sind“.
Wie funktioniert die Baumbach’sche Kostenformel?
Die Baumbach-Formel trennt die eigentlich einheitliche Verteilung aller gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Prozesses ausnahmsweise auf. Es werden nacheinander folgende Schritte gemacht:
- Bildung eines fiktiven Gesamtstreitwerts: alle Klagewerte werden zusammengezählt, auch wenn sie den realen Streitwert nicht erhöhen (z.B. eine Klage gegen zwei Gesamtschuldner)
- Verteilung der Gerichtskosten: jeder Beteiligten trägt die Kosten in dem Verhältnis zum (fiktiven) Gesamtstreitwert
- Verteilung der außergerichtlichen Kosten der einzelnen Partei: im selben Verhältnis wie die Gerichtskosten, da hier dieselben Werte (alle) zu Buche schlagen
- Verteilung der außergerichtlichen Kosten der mehreren Parteien: jeweils nur insoweit sie am Rechtsstreit beteiligt waren
Siehe auch: Beispiel zur Baumbach-Formel
Beispiel Nr. 1 zur Baumbach-Formel
K klagt gegen B1 auf 10.000 Euro, gegen B2 auf 6.000 Euro. Er gewinnt gegen B1 zu 2.000 Euro, gegen B2 zu 3000 Euro.
Nach der Baumbach-Formel funktioniert dies nun folgendermaßen:
- Bildung eines fiktiven Gesamtstreitwerts: 10.000 + 6.000 = 16.000 Euro
- Verteilung der Gerichtskosten: B1 verliert zu 2/16, B2 zu 3/16, folglich K zu 11/16
- Verteilung der außergerichtlichen Kosten der einzelnen Partei: wie die Gerichtskosten, also B1 2/16, B2 3/16, K 11/16
- Verteilung der außergerichtlichen Kosten der mehreren Parteien: B1 hat zu 2/10 verloren, also trägt K 8/10 seiner Kosten; B2 hat zu 3/6 verloren, also trägt K die übrigen 3/6 seiner Kosten
Tenor: Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Klägers hat der Kläger 11/16 zu tragen, der Beklagte zu 1) hat 1/8 und der Beklagte zu 2) 3/16 zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) hat der Kläger 4/5, von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) die Hälfte zu tragen. Im übrigen hat jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.
Wie wird eine gesamtschuldnerische Verurteilung bei der Baumbach’schen Kostenformel berücksichtigt?
Soweit Beteiligte als Gesamtschuldner haften, sind sie wie ein separater Beteiligter zu behandeln. Der Obsiegens- und Verlustanteil wird insoweit den Beteiligten nicht zugerechnet, sondern es findet ein separater Ausspruch darüber statt. Die Baumbach-Formel wird also noch einmal erweitert.
Der Tenor kann dann zum Beispiel lauten:
Von den Gerichtskosten hat der Kläger die Hälfte, die Beklagten als Gesamtschuldner zu drei Achtel und der Beklagte zu 1) alleine zu einem Achtel zu tragen. (…)
Haftet man als Prozessbeteiligter für die Beweisanträge der Streitgenossen?
Nein, gemäß § 100 Abs. 3 ZPO spielen diese „besonderen Angriffs- oder Verteidigungsmittel“ dann nur innerhalb seines „Teilprozesses“ kostenmäßig eine Rolle. Hat also ein Beteiligter eine Beweisaufnahme beantragt, die nur für ihn von Bedeutung ist, dann sind deren Kosten ausschließlich im Verhältnis zwischen ihm und seinem Prozessgegner relevant. Wer diesen Prozess verliert, muss die Kosten dieser Beweisaufnahme bezahlen, ggf. nach Quoten. Dies muss in die Kostenentscheidung des Tenors entsprechend aufgenommen werden.
Wie werden die Kosten gemäß § 91a ZPO bei einer beidseitigen Erledigterklärung verteilt?
Grundsätzlich erfolgt die Kostenentscheidung nach billigem Ermessen. „Billig“ ist eine Entscheidung, wenn sie den bisherigen Sach- und Streitstand berücksichtigt und prüft, wer den Prozess ohne die Erledigung gewonnen hätte. Dabei reicht aber eine summarische Prüfung aus, insbesondere müssen keine neuen Beweise erhoben werden. Häufig wird eine Kostenteilung angemessen sein, weil die Erfolgaussichten noch ungewiss sind.
Welches Rechtsmittel gibt es gegen die Kostenentscheidung gemäß § 91a ZPO?
Gemäß § 91a Abs. 2 Satz 1 ZPO kann die sofortige Beschwerde eingelegt werden, allerdings nur, wenn gegen die Hauptsache selbst die Berufung zulässig gewesen wäre, sie also mehr als 600 Euro wert war (§ 91a Abs. 2 Satz 2 und § 511 Abs. 2 ZPO). Zudem muss es sich um Kosten von mehr als 200 Euro handeln, § 567 Abs. 2.
Bei einer Teilerledigterklärung ist insoweit eine separate sofortige Beschwerde ausnahmsweise zulässig, § 99 Abs. 1, während die restliche Entscheidung mit der Berufung oder Revision angegriffen werden kann.