Allgemeines Zivilrecht – Grundlagen

Inhalt

Begriffe

Was ist der Unterschied zwischen Mensch und Person?

Der Mensch ist eine biologische Kategorie. Jeder Mensch ist eben unzweifelhaft ein Mensch.

Die Person ist dagegen eine rechtliche Kategorie, eine Person ist nur, weil rechtsfähig ist, also Träger von Rechten und Pflichten sein kann. Die Person ist wiederum untergliedert in Menschen (natürliche Personen) und Unternehmen (juristische Personen).

Heute ist jeder lebende Mensch gemäß § 1 BGB auch eine natürliche Person, eine Unterscheidung ist daher praktisch nicht mehr relevant. In früheren Zeiten waren Sklaven dagegen keine Personen, sondern Sachen – aber sie waren natürlich biologisch betrachtet Menschen.

Siehe auch: Sie hören von meinem Anwalt – Mensch und Person

Was ist ein einseitiges Rechtsgeschäft?

Für ein einseitiges Rechtsgeschäft ist nur eine Willenserklärung notwendig. Das Rechtsgeschäft geschieht also nicht durch die übereinstimmende Entscheidung zweier Personen (wie ein Vertrag), sondern nur durch die Erklärung einer Person. Zu den einseitigen Rechtsgeschäften gehören insbesondere die Kündigung, die Mahnung (die zudem keine echte Willenserklärung, sondern nur eine geschäftsähnliche Handlung ist), das Testament, die Eigentumsaufgabe oder die Bevollmächtigung.

Was ist das Schikaneverbot?

§ 226 verbietet es, ein bestehendes Recht nur auszuüben, um einen anderen zu schikanieren:

Die Ausübung eines Rechts ist unzulässig, wenn sie nur den Zweck haben kann, einem anderen Schaden zuzufügen.

Solche Schikanen sind grundsätzlich Einzelfälle, der Palandt listet hier verschiedene Beispiele auf. Darunter fallen unter anderem:

  • eine Vertragsklausel, nach der die geschuldete Summe ohne ersichtlichen Grund persönlich und in bar bezahlt werden muss
  • einschneidende Vollstreckungsmaßnahmen wegen Schulden im Cent-Bereich
  • das Verbot, die Grabstätte eines Verwandten aufzusuchen
  • die Anhängigmachung identischer Verfahren bei verschiedenen Gerichten
  • eine Unterlassungsklage wegen Ruhezeitüberschreitung um wenige Sekunden

Dies hat zur Folge, dass die schikanös geltend gemachte Forderung unzulässig ist, sie wird also gegenstandslos. Allerdings erlischt damit nicht das gesamte Recht; im ersten Beispielsfall bleibt man also verpflichtet, das Geld wenigstens per Überweisung zu bezahlen, im letzten Fall muss man sich weiterhin an die Ruhezeiten halten.

Was ist eine Mahnung? Was ist ein Mahnbescheid?

Mahnung und Mahnbescheid sind zwei völlig unterschiedliche Dinge.

Eine Mahnung ist ein Schreiben an den Schuldner, er möge doch endlich mal die fällige Leistung erbringen. Diese Mahnung hat gewisse Bedeutung, weil sie den Schuldner in Verzug setzt und damit bestimmte Folgen (Zinsen, Haftung, Rücktrittsrechte etc.) auslöst.

Der Mahnbescheid hingegen wird vom Amtsgericht auf Antrag des Gläubigers im Mahnverfahren, einem vereinfachten gerichtlichen Verfahren, erlassen. Legt man dagegen keinen Widerspruch ein, folgt kurze Zeit später der Vollstreckungsbescheid, aus dem der Gläubiger dann sofort vollstrecken, also den Gerichtsvollzieher losschicken kann.

Was ist eine positive Vertragsverletzung?

Als positive Vertragsverletzung (pVV), auch positive Forderungsverletzung (pFV) bezeichnet man eine Leistungsstörung durch Verschulden des Schuldners, meistens im Bezug auf Nebenpflichten und Schutzpflichten. Diese waren ursprünglich – im Gegensatz zu Mängeln an der Hauptleistung selbst – nicht gesetzlich erfasst und haben sich erst gewohnheitsrechtlich herausgebildet.

Mittlerweile erfasst § 280 BGB jede Form von Vertragspflichtverletzung. § 241 Abs. 2 schreibt als Vertragspflicht ausdrücklich die Rücksichtnahme auf „Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils“ vor.

Was bedeutet Geschäftsfähigkeit?

Geschäftsfähigkeit ist die Fähigkeit, gültige Willenserklärungen abgeben zu können.

Geschäftsunfähig ist, wer noch nicht mindestens sieben Jahre alt ist oder aufgrund von Geisteskrankheit keinen freien Willen bilden kann. Ältere Minderjährige (also Personen zwischen 7 und 17) sind beschränkt geschäftsfähig. Alle anderen Personen sind unbeschränkt geschäftsfähig.

Willenserklärung

Kann auch Schweigen eine Willenserklärung sein?

Ja, aber nur in seltenen Fällen.

Grundsätzlich ist es nicht so, dass ich einem anderen einen Vertrag anbieten kann und dann, wenn er nicht ausdrücklich nein sagt, dieser Vertrag als geschlossen gilt. Auch eine Formulierung wie „Wenn Sie nicht bis zum … widersprechen, gehe ich davon aus, dass Sie einverstanden sind“ ist ohne Bedeutung. Eine Willenserklärung muss stets geäußert werden.

Ausnahmefälle sind bspw. das Kaufmännische Bestätigungsschreiben oder die kaufmännische Geschäftsbesorgung (§ 362 Abs. 1 HGB). Im BGB gibt es z.B. den Kauf auf Probe, bei dem der Kauf als abgeschlossen gilt, wenn sich der Käufer nicht aktiv umentscheidet (§ 455 Satz 2), oder den Werkvertrag, bei dem eine Vergütung stillschweigend als vereinbart gilt.

Was ist eine „offerta ad incertas personas“?

Ein Angebot an unbestimmte Personen (lat. „offerta ad incertas personas“) richtet sich an jede beliebige Person, die bereit ist, die Gegenleistung zu erbringen. Wer bspw. einen Getränkeautomaten aufstellt, erklärt damit, jedem – sofern vorrätig – eine Dose Cola verkaufen zu wollen, der das entsprechende Geld einwirft. Im Gegensatz zur invitatio ad offerendum liegt hier ein Rechtsbindungswille und damit eine Willenserklärung vor, die nur noch angenommen werden muss.

Was ist der Rechtsbindungwille?

Ein Rechtsbindungswille ist der Wille, sich tatsächlich rechtlich zu binden, also einen echten Vertrag abzuschließen. Der RBW liegt nicht vor, wenn es sich um ein reines Gefälligkeitsverhältnis handelt, das keine Rechte und Pflichten erzeugen soll.

Es gibt auch gesetzlich typisierte Geschäftsverhältnisse ohne finanzielle Motivation, die aber alle einen Rechtsbindungswillen erfordern, z.B. die Schenkung (§ 516), die Leihe (§ 598) oder der unentgeltliche Auftrag (§ 662 BGB).

Was ist der Widerruf einer Willenserklärung?

Wenn man es sich nachträglich anders überlegt und doch keine Willenserklärung mehr abgeben will, kann man sie widerrufen. Dann entfaltet die Willenserklärung keine Wirkung und man ist bspw. nicht mehr an die Bestellung gebunden. § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB sagt:

Sie [die Willenserklärung] wird nicht wirksam, wenn dem anderen vorher oder gleichzeitig ein Widerruf zugeht.

Das ist die Krux an der Sache: Der Widerruf muss spätestens gleichzeitig mit der zu widerrufenden Willenserklärung zugehen. Bei einer mündlichen oder telephonischen Willenserklärung ist dies also von Vornherein nicht möglich. Auch ein Anruf, der nur wenige Minuten später erfolgt, ist nicht mehr gleichzeitig, also zu spät.

Bei anderen Formen der Übermittlung muss man dafür sorgen, dass man ein schnelleres Kommunikationsmittel wählt, um den früheren Zugang sicherzustellen. Weiß man also z.B., dass ein Brief unterwegs ist, den man nun nicht mehr ernst meint, dann kann man den Widerruf per Fax, E-Mail oder telephonisch erklären. Ist man sich sicher, dass ein zweiter Brief am gleichen Tag wie der erste beim Empfänger ankommen wird, reicht auch das – aber man trägt das Risiko, dass der Widerruf doch erst am nächsten Tag eintrifft.

Ein Sonderfall ist der Eingang einer an sich sofort zugehenden Erklärung außerhalb der Geschäftszeiten, z.B. eine E-Mail, ein Fax oder eine Mitteilung auf der Mailbox am späten Abend.

Wann geht eine Willenserklärung zu?

Der Zugang einer Willenserklärung ist der Moment, in dem sie wirksam wird. Muss eine Frist eingehalten werden, hat der Zugang innerhalb der Frist zu erfolgen, eine rechtzeitige Absendung reicht nicht.

Unter Anwesenden geht eine Willenserklärung naheliegenderweise sofort zu.

Problematischer ist der Zugang unter Abwesenden, also bei Übersendung der Erklärung, sei es nun als Fax, Brief oder E-Mail. Der Zugang ist hier der Zeitpunkt, zu dem unter gewöhnlichen Umständen damit gerechnet werden kann, dass der Adressat von der Erklärung Kenntnis nimmt. Auf Hindernisse in seinem Machtbereich kann sich der Adressat aber nicht berufen.

Im Einzelnen gilt:

  • Vor 18 Uhr eingeworfene Briefe gehen noch am selben Tag zu.
  • Bei Postfächern erfolgt der Zugang im Moment der üblichen Abholung.
  • Ist ein Nachsendeantrag eingerichtet, entscheidet die Aushändigung an der neuen Adresse.
  • Der Zugang bei Einschreiben ist wiederum ein ganz eigenes Kapitel.
  • Ein Fax geht im Moment des Ausdrucks zu.
  • E-Mails gehen mit der Speicherung im Account des Providers zu.
  • Mitteilungen auf Anrufbeantworter, per SMS, Chatnachricht o.ä. gehen sofort zu, es sei denn sie erfolgen zur „Unzeit“, als wenn man nicht damit rechnen kann, dass der Empfänger die Nachricht sofort wahrnimmt. Dann gilt erst der Folgetag.
  • Nach Schluss der Geschäftszeiten eingehende Mitteilungen an ein Unternehmen gehen erst mit Wiederöffnung ein.

Dabei ist aber zu bedenken, dass der „übliche Lauf der Dinge“ nicht nach den Gewohnheiten des konkreten Empfängers, sondern abstrakt zu betrachten ist. Man kann eben damit rechnen, dass ein Postfach regelmäßig geleert wird. Ein besonders schlampiger Adressat kann sich nicht darauf berufen, dass er nur alle paar Wochen auf dem Postamt vorbeischaut.

Trotzdem sind alle diese Regeln mit großer Vorsicht zu genießen. Insbesondere, wenn es ausnahmsweise nicht nur (wie beim Beginn von Fristen) auf den Tag, sondern auf die Uhrzeit der Willenserklärung ankommt, kann es immer sein, dass ein Gericht den Zugang abweichend beurteilt.

Was ist, wenn ich einen Brief bekomme, während ich im Urlaub bin?

Wenn man länger nicht Haus ist, bspw. wegen Urlaubs, aus beruflichen Gründen oder während eines Krankenhausaufenthalts, ändert dies nichts am Zugang von Willenserklärungen. Es kann ja nicht dem Absender zugerechnet werden, dass Sie nicht zu Hause waren. Dieser muss sich darauf verlassen können, dass er trotzdem wirksam Zustellungen vornehmen und Fristen einhalten oder in Gang setzen kann. Auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, die es bei der Kommunikation mit Gerichten oder Behörden gibt, existiert im Zivilrecht nicht.

Zudem muss der Absender grundsätzlich keine Rücksicht darauf nehmen, dass der Empfänger verreist ist.

Tatsächlich muss man also dafür sorgen, dass eine Briefe während der Abwesenheit doch irgendwie erreichen, sei es durch Bekannte, die den Briefkasten leeren, oder durch einen Nachsendeauftrag.

Anfechtung

Was kann ich tun, wenn ich mich bei einem Geschäft geirrt habe?

Eine Willenserklärung kann grundsätzlich angefochten werden. Ein Anfechtungsgrund ist bspw. der Irrtum gemäß § 119 Abs. 1:

Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten

Landläufige Vorstellungen wie „Unwissen schützt vor Strafe nicht“ sind also (schon mal davon abgesehen, dass es hier nicht um Strafe geht) auf jeden Fall falsch.

Die Anfechtung muss gemäß § 121 Abs. 1 Satz 1 unverzüglich, also am besten sofort erfolgen, und zwar gegenüber dem Vertragspartner. Zu beachten ist allerdings, dass man damit schadenersatzpflichtig ist. Man muss dem Gegenüber das sogenannte „negative Interesse“ ersetzen.

Was zählt als Irrtum, aufgrund dessen man anfechten kann?

§ 119 führt dazu aus:

(1) Wer bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.
(2) Als Irrtum über den Inhalt der Erklärung gilt auch der Irrtum über solche Eigenschaften der Person oder der Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden.

Es gibt also im Wesentlichen drei Kategorien, die zur Irrtumsanfechtung berechtigten:

  • Irrtum über die Erklärungshandlung: Jemand verspricht oder verschreibt sich, damit entspricht schon das Geäußerte an sich nicht seinem Willen. Bsp.: Der Verkäufer will 52.000 Euro verlangen, sagt aber versehentlich „25.000“.
  • Irrtum über den Erklärungsinhalt: Man nennt bspw. eine falsche Produktnummer, weil man sich im Katalog verlesen hat. Dann hat man sich nicht versprochen, man war nur im Irrtum darüber, was das Geäußerte bedeutet.
  • Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaften: Z.B. das Baujahr eines Autos oder die Frage, ob ein Kunstwerk echt ist.

Kein Irrtum in diesem Sinne ist allerdings der sog. Motivirrtum.

Was ist der Anspruch auf Ersatz des negativen Interesses?

Bei einer Anfechtung muss der Anfechtende dem Vertragspartner das sog. „negative Interesse“ ersetzen. Das negative Interesse ist der Schaden, den der Vertragspartner dadurch erlitten hat, dass er auf den Vertrag vertraut hat. Er ist dann so zu stellen, als hätte er nie etwas von dem Vertrag gehört. Das umfasst:

  • aufgewandte Kosten
  • Verluste durch das Nichtzustandekommen eines anderen Geschäfts, das dieser sonst wahrgenommen hätte

Nicht umfasst davon ist das positive Interesse, also der Gewinn, den der Vertragspartner aus dem Geschäft erzielt hätte. Denn ansonsten wäre die Anfechtung sinnlos. Dementsprechend kann das negative Interesse auch nie höher sein als das positive Interesse – wer mehr Kosten aufwenden muss als er aus dem Geschäft profitiert, hätte ohnehin draufgezahlt.

Ist ein Schweigen anfechtbar?

Grundsätzlich ja, da Schweigen nicht stärker binden kann als Reden. Schließlich ist eine ausdrücklich getätigte Willenserklärung auch anfechtbar, also muss eine solche, die sich nur aus dem Nichtstun ergibt, ebenfalls vernichtbar sein.

Was allerdings nicht anfechtbar ist, ist ein Missverständnis darüber, dass das Schweigen etwas bedeutet. Wer nicht weiß, dass das Schweigen (ausnahmsweise) eine Erklärung darstellt, kann nicht mit dieser Begründung anfechten. Es handelt sich um einen bloßen Rechtsfolgenirrtum.

Kann man wegen eines Rechtsfolgenirrtums anfechten?

Nein, dies ist grundsätzlich unbeachtlich. Wer genau weiß, was er sagt, ist daran gebunden. Dies gilt auch dann, wenn er nicht alle Folgen seines Handelns, die durch das Gesetz entstehen, gekannt hat.

Wer bspw. einen Werkvertrag kündigt und nicht weiß, dass er trotzdem die Vergütung zahlen muss (§ 649 BGB), hat so gesehen einfach Pech gehabt. Denn seine Kündigung gilt auch dann, wenn er – hätte er das vorausgesehen – nicht gekündigt hätte.

Kann man anfechten, wenn man ohne hinzusehen unterschrieben hat?

Nein, denn man hat sich in diesem Fall nicht im Sinne von § 119 Abs. 1 geirrt. Wer ohne näheres Hinsehen etwas unterschreibt, macht sich gar keine Vorstellungen über den Inhalt dieses Dokuments. Er irrt sich also nicht, er hatte nur eine andere Erwartung. Anders ist es dagegen, wenn eine arglistige Täuschung über den Inhalt vorliegt.

Wann liegt ein Eigenschaftsirrtum vor?

Relevante Eigenschaften im Sinne von § 119 Abs. 2 BGB sind nur solche Eigenschaften, die dauerhaft sind und den Wert der Sache bestimmen. Der Preis als solcher ist dagegen keine solche Eigenschaft.

Wer es falsch einschätzt, wie viel ein Gemälde auf dem Markt wert ist, irrt sich also nicht. Wer fälschlicherweise glaubt, dass ein Gemälde von Picasso stammt, irrt sich dagegen schon.

Kann ich anfechten, weil eine gekaufte Sache einen Mangel hat?

Wenn man die Sache bereits erhalten hat („Gefahrübergang“), so ist eine Anfechtung ausgeschlossen. Denn hier hat man die Gewährleistungsrechte, der Verkäufer muss also für den Mangel haften.

In dessen Rahmen kann der Käufer auch vom Mangel zurücktreten (was der Irrtumsanfechtung sehr ähnlich ist), aber nur, wenn die Voraussetzungen der §§ 440, 323 und 326 Abs. 5 BGB vorliegen – entweder, weil die korrekte Erfüllung unmöglich ist, oder wenn der Käufer erfolglos eine Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt hat. Diese Regelung ist aber sehr viel passgenauer und berücksichtigt die gegenseitigen Interessen besser als die recht pauschale Anfechtung.

Kann man anfechten, wenn sich beide Parteien getäuscht haben?

Es ist möglich, dass z.B. sowohl der Käufer als auch der Verkäufer eine falsche Vorstellung von der Kaufsache hatten. Beide dachten, es handle sich um einen Picasso, während es in Wirklichkeit doch nur eine billige Kopie war.

In diesem Falle ist § 313 BGB interessengerechter, da die Geschäftsgrundlage des Vertrags gestört ist. Zunächst wird hier eine Anpassung des Vertrags versucht, was hier kaum zu sinnvollen Ergebnissen führen wird, denn das Bild ist und bleibt eine Kopie. Kommt man damit nicht weiter, so ist gemäß § 313 Abs. 3 Satz 1 eine Kündigung möglich.

Was ist, wenn mich mein Vertragspartner getäuscht hat?

Bei einer sogenannten arglistigen Täuschung (§ 123 BGB) hat einer der Vertragspartner den anderen getäuscht, was zu dessen Irrtum und in der Folge zum Vertragsabschluss geführt hat. Eine Schädigungsabsicht ist insoweit nicht notwendig.

Kann ich auch anfechten, wenn mich jemand anderes getäuscht hat?

Das kommt darauf an.

Wenn diese andere Person im „Lager“ des Vertragspartners gestanden hat, handelt es sich um eine zuzurechnende Täuschung des Vertragspartners analog § 278. Dies ist bei Vertrauenspersonen oder Repräsentanten der Fall, zum Beispiel bei Maklern. Dann ist das eine Täuschung der Vertragspartei selbst, sodass der andere Teil gemäß § 123 Abs. 1 anfechten kann.

Hat dagegen eine neutrale Person getäuscht, so kann nach § 123 Abs. 2 Satz 1 BGB gegenüber dem Vertragspartner nur angefochten werden, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste (also fahrlässig nicht kannte).

Ist eine Willenserklärung nichtig, wenn ein Anfechtungsgrund besteht?

Nein, nicht automatisch. Das Wort „anfechten“ beinhaltet bereits, dass man selbst handeln muss. Man muss die Anfechtung erklären, und zwar entweder gegenüber dem Vertragspartner oder gegenüber einer anderen Person, die aus dem Vertrag einen Vorteil erlangt hat. Im Zweifel sollte man stets gegenüber allen in Betracht kommenden Personen die Anfechtung erklären.

Innerhalb welcher Frist muss man anfechten?

Die Fristen für die Anfechtungserklärung ergeben sich aus § 121 Abs. 2 und § 124 Abs. 1 BGB:

Bei Anfechtungsgründen, die auf der Seite des Anfechtenden liegen (Irrtum, falsche Übermittlung), muss die Anfechtung unverzüglich (also ohne schuldhaftes Zögern) nach Kenntniserlangung erfolgen.

Bei Anfechtungsgründen, die auf der Seite des Vertragspartners liegen (Täuschung, Drohung), muss die Anfechtung innerhalb eines Jahres ab Entdeckung der Täuschung bzw. ab dem Ende der Bedrohung erfolgen.

In beiden Fällen gibt es noch eine Maximalfrist von zehn Jahren ab Abgabe der Willenserklärung (§§ 121 Abs. 2, 124 Abs. 3).

Was folgt aus einer Anfechtung?

Durch die Anfechtung wird die Willenserklärung nachträglich unwirksam, § 142 Abs. 1 BGB. Damit müssen bspw. die ausgetauschten Leistungen gemäß § 812 rückabgewickelt werden, da ihr Rechtsgrund entfallen ist. Wer selbst an seiner Anfechtung „schuld“ ist, also bei Irrtum oder falscher Übermittlung, muss Schadenersatz leisten.

Kann der Käufer einer mangelhaften Sache wegen Eigenschaftsirrtums anfechten?

Grundsätzlich ja, aber nur vor Gefahrübergang. Ab dem Moment des Gefahrübergangs sperrt das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht die Irrtumsanfechtung. Ansonsten käme der Käufer hier viel leichter aus dem Vertrag als nach Rücktrittsrecht vorgesehen.

eBay-Geschäfte

Was ist, wenn jemand unter meinem eBay-Account Geschäfte tätigt?

Nehmen wir an, der Täuschende T bietet ohne dessen Wissen unter dem Namen des Account-Inhabers A auf einem Auktion des Verkäufers V. Dabei handelt es sich um ein sogenanntes Handeln unter fremdem Namen, da T den A nicht vertreten kann. Dies ändert also nichts daran, dass T die Willenserklärung abgegeben hat und damit Vertragspartner geworden ist. V muss sich also ausschließlich an den T halten, von A kann er die Kaufpreiszahlung nicht verlangen.

Das würde bedeuten, dass A nicht verpflichtet wird, obwohl sein Account verwendet wurde. V muss sich an den ihm völlig unbekannten T halten, obgleich er ohne jede Fahrlässigkeit davon ausgehen durfte, dass A bei ihm bestellt hat. Das erscheint etwas merkwürdig.

Daher wendet die Rechtsprechung hier die Vertretungsregeln der §§ 164 ff. analog an.

Gelten die AGB von eBay auch zwischen Käufer und Verkäufer?

Das ist schwer zu beantworten, aber man muss wohl sagen: Im Endeffekt ja.

Diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen werden eigentlich von keiner der Parteien gestellt. Der Auktionsanbieter stellt nur die Plattform zur Verfügung, ist aber an den darauf geschlossenen Verträgen nicht beteiligt. Rechte und Pflichten des Anbieters ergeben sich gegenüber dem Käufer und dem Verkäufer, aber jeweils separat im Rahmen der Nutzung des Dienstes. eBay selbst kauft die versteigerten Sachen nicht und verkauft sie auch nicht.

Allerdings ergibt sich daraus, dass die Parteien eine Plattform benutzen, die für die darauf geschlossenen Geschäfte Bedingungen zur Verfügung stellt, eine Auslegungsregel: Danach kann man davon ausgehen, dass die Parteien mit der Einstellung der Auktion bzw. mit Abgabe des Gebots diese Klauseln vor Augen haben. Damit ist ihre jeweilige Erklärung so auszulegen, dass sie die eBay-AGB befolgen wollen bzw. im Hinblick darauf handeln.

Auf diese Weise werden die Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch Teil des Vertrags zwischen Käufer und Verkäufer. Zudem dürften die Regelungen der §§ 305 bis 310 BGB hier nicht anwendbar sein, da mangels Stellung der AGB durch eine der Vertragsparteien keine klassischen AGB vorliegen. Damit kommt es zu keiner AGB-Kontrolle, die Bedingungen sind also bis zur Grenze der Sittenwidrigkeit gültig.

AGB

Kann man die Vorschriften über AGB auch umgehen?

Nein, Allgemeine Geschäftsbedingungen sind immer Allgemeine Geschäftsbedingungen, egal wie sie genannt werden. Auch eine handschriftliche Hinzufügen von Klauseln, die besonders individuell aussehen soll, ist eine Verwendung von AGB, wenn diese regelmäßig verwendet wird.

Und schließlich gibt es noch § 306a BGB, der unmissverständlich vorschreibt:

Die Vorschriften dieses Abschnitts finden auch Anwendung, wenn sie durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden.

Wie muss man AGB-Klauseln prüfen?

Es bietet sich folgendes Schema an:

  1. Sind die AGB-Regeln überhaupt anwendbar, § 310 Abs. 4? Dies ist nicht der Fall im Erb-, Familien- und Gesellschaftsrecht sowie bei Tarifverträgen, Betriebs- und Dienstvereinbarungen.
  2. Handelt es sich bei der Klausel um eine AGB, § 305 Abs. 1 Satz 1? Es müssen insb. „für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen“ sein.
  3. Ist die Klausel gemäß § 305 Abs. 2 überhaupt in den Vertrag einbezogen worden? Dazu muss ein Hinweis auf die AGB und die Möglichkeit der Kenntnisnahme vorliegen.
  4. Ist die Klausel wirksam?
    1. § 309: Klauseln, die immer unwirksam sind.
    2. § 308: Klauseln, die nur bei Unangemessenheit unwirksam sind.
    3. § 307: Klauseln, die nach Treu und Glauben unwirksam sind, insbesondere weil sie unklar sind, dem Gesetz diametral widersprechen oder den Vertragszweck gefährden.
Gilt das AGB-Recht auch zwischen Unternehmen?

Prinzipiell ja, allerdings mit den Einschränkungen des § 310 Abs. 1 Satz 1 BGB. Danach gelten insbesondere folgende Vorschriften aus dem allgemeinen BGB-Recht nicht:

  • § 305 Abs. 2: Damit werden AGB „ganz normal“ vertragsmäßig vereinbart, die Notwendigkeit des deutlichen Hinweises entfällt.
  • § 305 Abs. 3: Dieser Vereinbarung kann auch im Voraus für kommende Verträge getroffen werden.
  • § 308 Nr. 1 und 2 bis 8: Fast alle Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit (außer Nr. 1a und 1b) sind nicht direkt anwendbar.
  • § 309: Alle Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit werden nicht angewandt.

Allerdings können Klauseln, die normalerweise gegen die §§ 308 oder 309 verstoßen würden, trotzdem unwirksam sein. Sie müssen dann aber an § 307, also an Treu und Glauben, gemessen werden. In der Regel kommt man so zum selben Ergebnis, da nach der Rechtsprechung der Verstoß gegen die §§ 308 bzw. 309 den Verstoß auch gegen § 307 nahelegt (indiziert).

Der Hauptunterschied ist also die etwas einfachere Einbeziehung von AGB zwischen Unternehmen.

Gilt das AGB-Recht auch zwischen Verbrauchern?

Ja, dies ist sogar der Grundfall des AGB-Rechts. Verwendet ein Verbraucher Allgemeine Geschäftsbedingungen, so finden die Grundregelungen der §§ 305 bis 309 BGB Anwendung. Ist mindestens ein Unternehmer beteiligt, egal auf welcher Seite, so ergeben sich Abweichungen durch § 310 BGB.

Ein Verbraucher kann sehr schnell zum AGB-Verwender werden, auch wenn er in aller Regel natürlich keine AGB erarbeitet und aushängt. Aber die Verwendung von Standardverträgen aus dem Schreibwarenhandel, von Vermietervereinigungen oder Automobilclubs unterliegt dem AGB-Recht, auch wenn jemand anderes diese Verträge formuliert hat.

Wie gilt das AGB-Recht zwischen Unternehmern und Verbrauchern?

Grundsätzlich gelten auch bei Verbrauchenverträgen, bei denen also auf einer Seite ein Unternehmer und auf der anderen ein Verbraucher steht, die allgemeinen Regeln der §§ 305 bis 309 BGB. Es gibt keine strengeren AGB-Maßstäbe.

Allerdings modifiziert § 310 Abs. 3 diese Vorschriften etwas: Zum einen wird vermutet, dass der Unternehmer es war, der die AGB gestellt hat. Außerdem gelten AGB-Regeln, die eigentlich nur für eine Vielzahl von Verträgen gedacht sind, auch bei nur einmaliger Verwendung der Klausel. Und schließlich sind auch die Begleitumstände des Vertragsschlusses zu berücksichtigen.

Der Verbraucher wird also im Ergebnis etwas stärker geschützt.

Gilt das AGB-Recht auch, wenn der Verbraucher AGB gegenüber einem Unternehmer verwendet?

Ja, auch in diesem – zugegebenermaßen sehr seltenen Fall – gelten die AGB-Regeln des BGB ohne größere Unterschiede.

Zunächst erfolgen die Modifikationen der Verwendung von AGB gegenüber Unternehmern. Diese spielen im Endeffekt jedoch kaum eine Rolle.

Zusätzlich kommt aber auch § 310 Abs. 3 ins Spiel, der nach seinem Wortlaut auch dann gilt, wenn der Verbraucher der AGB-Verwender ist. Die einzelnen Vorschriften haben aber unterschiedlich große Bedeutung:

1. Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;

Diese Vermutungsregel hat keine Bedeutung, da sie ja in dieser Situation bereits widerlegt wurde. Wir gehen ja vom Fall aus, dass der Verbraucher eigene AGB einführt.

2. § 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;

Auch die Vorschrift ist unbedeutend, da der Verbraucher natürlich Einfluss auf die AGB genommen hat, weil er sie formuliert hat.

bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

Dies könnte eine gewisse Bedeutung haben, da man in der Situation zwischen Verbraucher und Unternehmer den Unternehmer für weniger schutzbedürftig hält. Damit liegt ihm gegenüber auch nicht so leicht eine unangemessene Benachteiligung vor. Der Unternehmer ist also selber schuld ist, wenn er sich vom AGB-verwendenden Verbrauchen Klauseln diktieren lässt. Ihm muss man nicht zur staatlicherseits zur Hilfe eilen und diese Klauseln für unwirksam erklären.

Kann ich eine Klausel auch handschriftlich in den Vertrag einfügen, damit das keine AGB ist?

Nein, auch eine solche Klausel unterliegt der AGB-Prüfung. Dass sie handschriftlich verfasst ist, ändert an ihrer rechtlichen Qualität nichts.

Was AGB sind, bestimmt sich nach § 305 Abs. 1 Satz 1 und 3 BGB:

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. (…) Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

Es muss also zunächst geprüft werden, ob diese Bedingung vorformuliert war, ob sie vom Verwender gestellt wurde und ob sie nicht ausgehandelt wurde. Das Merkmal der Vorformulierung wird gerade nicht durch handschriftliche (also scheinbar) spontane Aufnahme umgangen. Es reicht insoweit, wenn der Verwender vorher wusste, dass er diese Klausel aufnehmen will und er sie sozusagen „in seinem Kopf gespeichert“ hatte. Anders ist es dagegen, wenn eine tatsächlich nur für diesen Einzelfall gedachte Klausel individuell in den Vertrag integriert wird – dann ist es aber völlig egal, ob sie handschriftlich hinzugesetzt oder per Computer in den Vertragstext hinzugefügt wird.

Wann ist eine AGB-Klausel für eine Vielzahl von Verträgen gedacht?

Diese „Vielzahl“ ist tatsächlich nicht besonders hoch anzusetzen, die Rechtsprechung setzt die Grenze in der Regel schon bei drei Verträgen.

Zudem kommt es nicht auf die wirkliche Verwendungszahl an, es kommt nur auf die dahinterstehende Absicht an. Wenn sich jemand also für eine bestimmte Art von Verträgen Formulierungen zurechtlegt, dann handelt es sich bereits beim ersten so geschlossenen Vertrag um AGB, sofern er nur vorhat, diese eine Klausel bei mindestens zwei weiteren Verträgen zu verwenden.

Dabei reicht es, wenn ein Dritter (Hersteller eines Formularvertrags, Interessenvereinigung wie Vermieterbund, Automobilclub) den Vertrag für eine Vielzahl von Fällen gedacht hat. Auch dann liegen AGB vor, sogar, wenn der Verwender nur eine einzelne Verwendung geplant hat.

Wann liegt keine AGB vor?

Eine AGB-Klausel ist nur dann gegeben, wenn sie „gestellt“ wurde, also vom Verwender in den Vertrag eingebracht wurde, ohne dass es zu Verhandlungen darüber gekommen wäre. Ein solches „Aushandeln“ (§ 305 Abs. 1 Satz 3) ist der Gegenbegriff zum „Stellen“. Dies setzt voraus, dass der Verwender seine Klausel ernsthaft zur Disposition stellt, also auch bereit ist, davon abzurücken, wenn der Vertragspartner dies wünscht und ggf. einen Kompromiss eingeht. Dazu gehört jedenfalls, dass der Verwender seinen Geschäftspartner über den Inhalt und den Regelungsgegenstand der Klausel unterrichtet.

Was ist die Kardinalpflichten-Rechtsprechung?

Die Kardinalpflichten-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beschäftigt sich mit der Frage, was die wesentlichen Rechte und Pflichten eines Vertrags sind. Denn diese dürfen durch AGB nicht übermäßig eingeschränkt werden. § 307 Abs. 2 BGB sagt:

Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
(…)
2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

Wesentlich sind in erster Linie die Rechte und Pflichten, die den Vertrag ausmachen: Bei einem Kaufvertrag über einen Neuwagen kann der Verkäufer nicht per AGB regeln, dass er das Auto auch beschädigt liefern darf. Zu diesen Kardinalpflichten gehören nach Ansicht der Rechtsprechung auch Nebenpflichten, die von grundlegender Bedeutung sind, weil der Vertragspartner darauf vertrauen darf.

Dabei lässt sich eine generelle Regelung, was zulässig ist und was nicht, kaum treffen. Es kommt stets auf den Einzelfall an.

Was passiert, wenn eine Vertragsklausel unwirksam ist?

Ist eine Vertragsklausel aufgrund der AGB-Regeln unwirksam, dann fällt sie weg, wird also komplett gestrichen. An ihre Stelle tritt dann gemäß § 306 Abs. 2 BGB das Gesetzesrecht, der Vertrag bleibt somit insgesamt bestehen.

Dabei scheidet eine geltungserhaltende Reduktion, also ein Zurückschneiden der Klausel auf den gerade noch zulässigen Inhalt, aus. Die gesamte Klausel verliert ihre Gültigkeit, auch wenn sie einzelne theoretisch zulässige Regelungen enthält. Wie weit eine Vertragsklausel reicht und wo eine neue beginnt, bestimmt sich im Wesentlichen nach dem „blue pencil test“.

Was bedeutet geltungserhaltende Reduktion?

Unter geltungserhaltender Reduktion versteht man das Zurückschneiden einer unwirksamen Vertragsklausel auf ihren gerade noch zulässigen Inhalt. Diese ist vor allem bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) relevant.

Beispiel: Nach § 309 Nr. 7 b) BGB ist es verboten, seine Haftung bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit auszuschließen. Bei leichter Fahrlässigkeit ist dies dagegen grundsätzlich zulässig. Schreibt nun jemand in seine AGB, dass er für Fahrlässigkeit nie haftet, so verstößt dies hiergegen, da damit eben auch grobe Fahrlässigkeit umfasst wäre.

Würde man diese Klausel nun geltungserhaltend reduzieren, müsste man alles herausstreichen, wofür ein Haftungsausschluss nicht erlaubt ist, nämlich die grobe Fahrlässigkeit. Übrig bliebe der noch zulässige Haftungsausschluss für leichte Fahrlässigkeit.

Damit könnte ein Unternehmen also praktisch alles in seine AGB schreiben und wäre auf der sicheren Seite: Im Zweifel würde ein Gericht eben das Unzulässige herausstreichen und man hätte immer noch den Maximalinhalt.

Um dies zu vermeiden, hat sich die Rechtsprechung ein Verbot der geltungserhaltenden Reduktion auferlegt. Eine verbotene Klausel geht immer komplett unter. In unserem Fall wäre also der gesamte Haftungsausschluss unwirksam, der Verwender haftet dann nach den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften, also die Haftung für Vorsatz und (leichte und grobe) Fahrlässigkeit. Damit hat sich der Verwender selbst geschadet, da er nun stärker haftet als wenn er von Haus aus eine wirksame Klausel vereinbart hätte. Dies soll Motivation dafür sein, möglichst nur Zulässiges zu verwenden.

Wie weit eine Klausel reicht, bestimmt sich nach dem „blue pencil test“.

Was ist der „blue pencil test“?

Der „blue pencil test“ widmet sich der Frage, wie weit eine einzelne Vertragsklausel reicht. Dies ist vor allem dann bedeutend, wenn die Klausel als Allgemeine Geschäftsbedingung teilweise unwirksam ist. Dann fällt sie komplett weg, also auch die zulässigen Inhalte. Aber dies betrifft nur die einzelne Klausel, nicht etwa eine andere.

Beispiel einer unwirksamen Klausel:

Die Haftung wird für grobe Fahrlässigkeit auf 5000 Euro und für leichte Fahrlässigkeit auf 2500 Euro pro Schadensfall begrenzt.

Diese Klausel verstößt gegen § 309 Nr. 7 b) BGB, wonach eine Haftungsbegrenzung für grobe Fahrlässigkeit ausgeschlossen ist. Für leichte Fahrlässigkeit ist eine Begrenzung dagegen erlaubt, sogar ein kompletter Ausschluss. Wird die leichte Fahrlässigkeit dagegen nicht (wirksam) ausgeschlossen, haftet der Verwender nach den gesetzlichen Bestimmungen, also immer und unbegrenzt.

Nun stellt sich also die Frage, ob die zulässige Haftungsbeschränkung für leichte Fahrlässigkeit von der unzulässigen Haftungsbeschränkung für grobe Fahrlässigkeit erfasst und quasi „mitgerissen“ wird. Dafür muss man feststellen, ob es hier um eine oder um zwei Klauseln geht: Nur in letzterem Fall bleibt die Haftungsbeschränkung bestehen.

Der „blue pencil test“ prüft, ob man mit einem (blauen) Bleistift einen Teil der Klausel wegstreichen kann, sodass sich dann noch ein zulässiger Inhalt ergibt. In dem Falle wäre das also:

Die Haftung wird für grobe Fahrlässigkeit auf 5000 Euro und für leichte Fahrlässigkeit auf 2500 Euro pro Schadensfall begrenzt.

Demnach würde diese Restklausel also bestehen bleiben und wäre auch nicht ungültig.

Was ist die „kundenfeindlichste Auslegung“?

Bei der Frage, ob eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gültig ist, kommt es maßgeblich auf ihren Inhalt an. Dieser Inhalt ergibt sich aber häufig nicht eindeutig aus dem Wortlaut, die Klausel muss also ausgelegt werden. Ergibt sich nach der Auslegung, dass der Verwender den Kunden übervorteilt hat, so ist die Klausel unwirksam – was für den Kunden gut ist.

Bei der Auslegung orientiert man sich darum in Richtung des Ergebnisses, das für den Verwender am günstigsten ist, denn hier ist die Wahrscheinlichkeit am größten, dass die Klausel gesetzwidrig ist und somit wegfällt.

Kommt man hingehen zu dem Schluss, dass die Klausel auf jeden Fall hält, macht man eine 180-Grad-Wende: Nun legt man den Maßstab an, der für den Kunden am besten ist, also die kundenfreundlichste Auslegung.

Kann man Schriftformklauseln in AGB vereinbaren?

Das ist nicht ganz unumstritten, aber wohl eher nicht. Eine solche Vereinbarung würde den Vorrang der Indivualabrede (§ 305b) aushebeln, indem sie explizit die AGB für vorrangig erklärt. Dies wiederum stellt eine Irreführung des Vertragspartners dar, die gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 als unangemessene Benachteiligung gilt.

Nichtige Geschäfte

Was ist ein Scheingeschäft?

Wird ein Vertrag nur zum Schein abgeschlossen, so ist er nichtig. Darunter versteht man aber nur Geschäfte, die tatsächlich so nicht gemeint sind. Wenn die Vertragsparteien den Vertrag tatsächlich abschließen wollen, aber damit andere Zwecke verfolgen (z.B. man verschenkt etwas, um es vor den eigenen Gläubigern zu sichern), dann liegt kein Scheingeschäft vor.

§ 117 sagt:

(1) Wird eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben, so ist sie nichtig.
(2) Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so finden die für das verdeckte Rechtsgeschäft geltenden Vorschriften Anwendung.

Beim Scheingeschäft wissen also beide Seiten, dass das Geschäft so nicht abgeschlossen werden soll. Das Scheingeschäft muss man daher vom geheimen Vorbehalt (§ 116), bei dem der Erklärende nicht sagt, dass er das nicht wirklich will, und von der Scherzerklärung (§ 118), die nur einen Witz darstellen soll, unterscheiden.

Was ist eine Unterverbriefung?

Ein Grundstückskaufvertrag muss grundsätzlich vor einem Notar geschlossen werden. Aus der dort angegebenen Summe errechnen sich sowohl die Notargebühren als auch die Grunderwerbsteuer. Um hier zu sparen, wird teilweise ein zu geringer Preis abgegeben, während die restliche Summe unter der Hand („schwarz“) übergeben wird. Der Vertrag wird dann als unterverbrieft bezeichnet.

Der notariell geschlossene Vertrag ist dann als Scheingeschäft gemäß § 117 Abs. 2 BGB nichtig, auch wenn nur die Summe zum Schein genannt wurde. Der tatsächlich gewollte, in der Regel mündliche Vertrag über den richtigen Preis ist dagegen formnichtig, da er nicht notariell abgeschlossen wurde (§§ 125 Satz 2, 311b Abs. 1 Satz 2). Sobald der neue Eigentümer ins Grundbuch eingetragen wird (was aufgrund des Scheinvertrags beim Notar erfolgt), wird aber der formnichtige mündliche Vertrag „geheilt“, er wird also durch Vollzug im Grundbuch wirksam.

Wie funktioniert die Heilung nach § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB?

§ 311b Abs. 1 regelt die Form für Grundstücksgeschäfte (Satz 1) und die Heilung eines Formmangels (Satz 2):

Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, bedarf der notariellen Beurkundung. Ein ohne Beachtung dieser Form geschlossener Vertrag wird seinem ganzen Inhalt nach gültig, wenn die Auflassung und die Eintragung in das Grundbuch erfolgen.

Wurde gegen die notarielle Form verstoßen, ist dies dann egal, wenn die Eintragung trotzdem erfolgt ist. Nun sagt aber § 29 Abs. 1 Satz der Grundbuchordnung (GBO):

Eine Eintragung soll nur vorgenommen werden, wenn die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden.

Das Grundbuchamt trägt den Eigentümerwechsel also in aller Regel nur ein, wenn die notarielle Urkunde vorgelegt wird. Also kann ein Heilung des Mangels an notarieller Form durch Eintragung nicht erfolgen – die Katze beißt sich in den Schwanz.

Dies gilt aber nur, wenn tatsächlich gar kein beurkundeter Kaufvertrag vorliegt. Ist der Kaufvertrag lediglich unerkannt formnichtig, weil bspw. Nebenabreden nicht beurkundet wurden oder ein Fall der Unterverbriefung vorliegt, kann sehr wohl eine Eintragung erfolgen, die dann den gesamten Vertrag heilt.

Wann verstößt ein Geschäft gegen § 134 BGB?

Diese Vorschrift wird oft missverstanden. Es ist nicht so, dass sich aus § 134 BGB ergibt, wann ein Geschäft verboten ist. Wenn man den Wortlaut genau liest, merkt man dies auch:

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

Tatbestandsvoraussetzung ist also der Verstoß gegen ein Gesetz. Dieses Gesetz muss aber ein anderes Gesetz sein als § 134 BGB, denn diese Vorschrift regelt nur, was zivilrechtlich passiert, wenn man gegen ein Gesetz verstößt.

Beispiel: Wer einen anderen dafür bezahlt, dass er einem Dritten ein Messer in den Bauch rammt, verstößt gegen das Strafgesetzbuch (Anstiftung zur Körperverletzung, §§ 223 und 26 StGB). Der entsprechende Vertrag ist darum gemäß § 134 BGB nichtig. Wenn aber Eltern einen Arzt bezahlen, damit er eine Operation an ihrem Kind vornimmt, verstößt dies nicht gegen das Strafgesetzbuch, weil eine rechtfertigende Einwilligung vorliegt, die die Strafbarkeit wegen Körperverletzung entfallen lässt (§ 228). Der Behandlungsvertrag ist also nicht gemäß § 134 nichtig.

§ 134 entscheidet also nicht, was verboten ist, sondern nur, was passiert, wenn etwas verboten ist.

Welche Verstöße machen ein Geschäft gemäß § 134 BGB nichtig?

§ 134 ordnet die Nichtigkeit nur an, wenn sich dies aus dem Zweck des Gesetzes ergibt:

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

Dies muss man daher für jede Verbotsnorm einzeln betrachten und zudem noch die Umstände des Einzelfalls heranziehen.

Grundsätzlich gilt:

  • Bloße Ordnungsvorschriften, also Regelungen zur Art und Weise eines Geschäfts sowie bürokratische Auflagen (z.B. Ausschank in der Sperrstunde), führen nicht zur Nichtigkeit.
  • Einseitige Verbote, die sich also nur an eine der Vertragsparteien richten (z.B. unerlaubte Rechtsberatung), lassen das Geschäft ebenfalls bestehen.
  • Beiderseitige Verbote (z.B. die Anstiftung zu einer Straftat) bedeuten dagegen in der Regel Nichtigkeit.
Wann ist ein Geschäft sittenwidrig?

Sittenwidrigkeit wird definiert als ein Verstoß gegen das Anstandsgefühl aller „billig und gerecht Denkenden“. Es muss sowohl objektiv als auch subjektiv vorliegen. Der Vertragsschließende muss also die Sittenwidrigkeit kennen; dies wird aber grundsätzlich vermutet und eine Unkenntnis müsste bewiesen werden.

Insbesondere ist ein wucherisches Rechtsgeschäft nichtig.

Was ist Wucher?

Wucher ist Unterfall der Sittenwidrigkeit. § 138 Abs. 2 sagt:

Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

Es reicht also nicht allein, dass der Preis zu hoch ist – in einer freien Wirtschaftsordnung kann jeder selbst entscheiden, wie viel ihm etwas wert ist. Die Preisüberhöhung muss vielmehr gerade eine Unfreiheit des Anderen (Zwang, Unerfahrenheit etc.) ausnutzen.

Ein auffälliges Missverhältnis zur Leistung besteht in der Regel, wenn die Gegenleistung mindestens 100 % über dem Wert der Leistung liegt, wenn also der doppelte Kaufpreis, die doppelte Monatsmiete, der doppelte Zinssatz etc. verlangt wird.

Was ist bei Sittenwidrigkeit alles nichtig?

Man muss grundsätzlich zwischen dem Verpflichtungs- und dem Verfügungsgeschäft unterscheiden (Trennungs- und Abstraktionsprinzip). Wird bspw. eine Sache wucherisch verkauft, so bezieht sich dies nur auf das Verpflichtungsgeschäft, also den Kaufvertrag, der Leistung und Gegenleistung festlegt. Das Verfügungsgeschäft, also die Übereignung der gekauften Sache vom Verkäufer an den Käufer, ist dagegen neutral, weil der Preis insoweit keine Rolle spielt. Daher bleibt das Eigentum zunächst beim Käufer, auch, wenn der Kaufvertrag nichtig ist. Er kann die Sache lediglich zurückverlangen, weil er sie ohne Rechtsgrund übereignet hat (§ 812 Abs. 1 BGB). Ist die Sache aber bereits weiterverkauft worden, hat er das Eigentum endgültig verloren.

Was ist eine anfängliche Übersicherung?

Hat jemand eine viel zu hohe Sicherheit verlangt (z.B. für einen Kleinkredit die Sicherungsübereignung eines ganzen Fuhrparks), spricht man von einer anfänglichen Übersicherung. Diese ist insgesamt sittenwidrig, also nicht nur die Sicherungsabrede, sondern auch die Sicherungsübereignung; das Eigentum bleibt also beim Sicherungsgeber, in der Regel dem Kreditnehmer.

Anders ist dies dagegen bei der nachträglichen Übersicherung.

Was ist eine nachträgliche Übersicherung?

Im Gegensatz zur anfänglichen Übersicherung war die Sicherungsabrede bei der nachträglichen Übersicherung zunächst angemessen (z.B. Sicherungsübereignung mehrerer Autos für einen großen Geschäftskredit). Später war dieser Umfang an Sicherheiten aber nicht mehr nötig, weil der Kredit teilweise abbezahlt wurde. In diesen Fällen liegt keine Sittenwidrigkeit und damit Nichtigkeit vor, sondern die Sicherungsabrede wird so interpretiert, dass ein Freigabeanspruch des Sicherungsgebers bzgl. der nicht mehr nötigen Sicherheiten besteht. Die Übersicherung wird also auf das notwendige Maß zurückgeführt.

Was ist ein wucherähnliches Geschäft?

Dabei handelt es sich um ein Geschäft, das nicht die Voraussetzungen des Wuchers erfüllt, weil keine Ausnutzung eines Defizits beim Vertragspartner vorliegt. Allerdings muss stattdessen eine „verwerfliche Gesinnung“ vorliegen, die ab dem doppelten Preis des normalen Werts vermutet wird, aber widerlegt werden kann.

Vertretung und Botenschaft

Was ist ein Bote?

Ein Bote übermittelt eine fremde Willenserklärung, er fungiert also nur als Übermittler. Dagegen gibt ein Stellvertreter eine eigene Willenserklärung ab, die für und gegen einen anderen wirkt.

Der Bote wird daher nur als Werkzeug tätig, er muss also nicht geschäftsfähig sein („Ist das Kindlein noch so klein, kann es doch schon Bote sein“) und kann auch Willenserklärungen für höchstpersönliche Rechtsgeschäfte überbringen. Bei Übermittlungsfehlern kann der Auftraggeber die Willenserklärung gemäß § 120 anfechten.

Was ist ein Empfangsbote?

Ein Empfangsbote ist eine Person, die Willenserklärungen für einen anderen entgegennimmt. Die Eigenschaft als Empfangsbote wird im täglichen Leben weitgehend angenommen, zum Beispiel für Mitbewohner, Familienangehörige, Angestellte und zusammenarbeitende Unternehmen.

Wird eine Person eingesetzt, die nicht Empfangsbote des Adressaten ist, so ist diese Person in der Regel als normaler Bote (Erklärungsbote) des Erklärenden anzusehen, sodass dieser sich eventuelle Übermittlunsgfehler durch den Boten zurechnen lassen muss.

Was ist ein Stellvertreter?

Ein Stellvertreter gibt eine eigene Willenserklärung ab, die für und gegen einen anderen wirkt. Dagegen übermittelt ein Bote eine fremde Willenserklärung, er fungiert also nur als Übermittler.

Bei der Stellvertretung gibt es drei Grundprinzipien:

  • Nach dem Repräsentationsprinzip handelt nur der Vertreter, nicht aber der Vertretene. Relevant sind nur die Erklärungen des Vertreters.
  • Das Offenheitsprinzip sieht vor, dass der Vertreter deutlich zeigen muss, dass er nicht für sich, sondern für den Vertretenen handelt.
  • Das Abstraktionsprinzip besagt, dass die Vollmacht vom Innenverhältnis unabhängig ist, sie also gegenüber anderen Personen auch dann besteht, wenn bspw. das Angestelltenverhältnis beendet ist.

Die aktive Stellvertretung betrifft die Abgabe von Willenserklärungen, die passive deren Empfang. Auf Mitteilungen, die keine Willenserklärungen sind (geschäftsähnliche Handlungen), also z.B. Mahnungen, Fristsetzungen oder andere Erklärungen, finden die Vorschriften über die Stellvertretung analoge Anwendung.

Woraus ergibt sich, dass Eltern für ihr Kind handeln dürfen?

Dieses Handeln ist nur eine ganz normale Form der Vertretung. § 1629 BGB regelt dies so:

Die elterliche Sorge umfasst die Vertretung des Kindes. Die Eltern vertreten das Kind gemeinschaftlich; ist eine Willenserklärung gegenüber dem Kind abzugeben, so genügt die Abgabe gegenüber einem Elternteil. Ein Elternteil vertritt das Kind allein, soweit er die elterliche Sorge allein ausübt oder ihm die Entscheidung nach § 1628 übertragen ist.

Grundsätzlich müssen also immer beide Eltern zusammen handeln. Davon gibt es Ausnahmen:

  • Da dies in vielen Fällen völlig unpraktisch wäre, wird häufig eine stillschweigende Bevollmächtigung beider Elternteile zur jeweiligen Alleinvertretung für geringfügige Angelegenheiten angenommen.
  • Für Alleinerziehende kann dies sowieso nicht gelten, siehe obiger Satz 3.
  • Leben Eltern getrennt, steht ihnen aber die elterliche Sorge gemeinsam zu, sieht § 1687 Abs. 1 Ausnahmen vom Erfordernis des Zusammenwirkens vor.
  • Verwitwete Elternteile können natürlich allein entschieden, § 1680 Abs. 1
Wer vertritt das Kind, wenn die Eltern getrennt leben?

Bei Getrenntleben der Eltern kann die elterliche Sorge grundsätzlich einem der beiden Elternteile allein übertragen werden. Dann entscheidet dieser auch gemäß § 1629 Abs. 1 Satz 3 alleine über alle geschäftlichen Angelegenheiten des Kindes.

Bleibt die elterliche Sorge dagegen – egal, ob vor oder nach einer eventuellen Scheidung – bei beiden Eltern gemeinsam bestehen, müssen sie weiterhin bei allen Entscheidungen grundsätzlich beide zustimmen, wie § 1687 Abs. 1 Satz 1 noch einmal klarstellt:

Leben Eltern, denen die elterliche Sorge gemeinsam zusteht, nicht nur vorübergehend getrennt, so ist bei Entscheidungen in Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, ihr gegenseitiges Einvernehmen erforderlich.

Weil dies in Praxis häufig Schwierigkeiten mit sich bringen würde, gibt es dazu eine bedeutende Ausnahme:

Der Elternteil, bei dem sich das Kind mit Einwilligung des anderen Elternteils oder auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung gewöhnlich aufhält, hat die Befugnis zur alleinigen Entscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens. Entscheidungen in Angelegenheiten des täglichen Lebens sind in der Regel solche, die häufig vorkommen und die keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben.

„Angelegenheiten des täglichen Lebens“ sind also die Geschäfte, die man regelmäßig trifft und die keine große Bedeutung haben, also z.B. der Kinobesuch oder der Kauf eines Computerspiels. In dieser Hinsicht ist es sicher folgerichtig, sie dem zu überlassen, bei dem das Kind auch sein „tägliches Leben“ verbringt. Größere Entscheidungen (z.B. der Abschluss eines Bausparvertrags, die Wahl der Schule, der Abschluss eines Arbeitsvertrags oder der Kauf eines Autos) bleiben dagegen beiden Eltern vorbehalten.

Wann braucht ein Vertreter eine Vollmachtsurkunde?

Ein Vertreter kann grundsätzlich formlos, also bspw. mündlich durch Rechtsgeschäft mit Vertretungsmacht ausgestattet werden („Bevollmächtigter“). Diese Vertretungsmacht muss er normalerweise nicht gesondert nachweisen. Trotzdem braucht er bei einseitigen Rechtsgeschäften für den Vollmachtgeber (z.B. wenn er eine fällige Zahlung anmahnt) eine Vollmachtsurkunde, wenn das Gegenüber dies verlangt (§ 174 BGB):

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

Der Hintergrund ist derjenige, dass bei einem einseitigen Rechtsgeschäft Klarheit herrschen muss, ob die Vertretungsmacht wirklich besteht. Bei einem zweiseitigen Rechtsgeschäft (z.B. beim Angebot, einen Kaufvertrag zu schließen) kann der Vertragspartner immer noch ablehnen, wenn ihm die Sache zu unsicher ist. Ein einseitiges Rechtsgeschäft ist dagegen sofort wirksam – oder eben nicht.

Der Adressat kann dann also die Willenserklärung zurückweisen und sie somit für unwirksam erklären. Dieses Recht hat er aber nicht, wenn ihm eine Vollmachtsurkunde vorgelegt wird oder der Vollmachtgeber ihm (siehe Satz 2) zuvor Bescheid gegeben hatte.

Was passiert mit der Bevollmächtigung beim Tod des Vollmachtgebers?

Das Erlöschen der Vollmacht wird in der Regel zugleich mit ihrer Erteilung geregelt (insofern ist § 168 Satz 1 etwas missverständlich). Daher kann auch vereinbart werden, dass die Vollmacht mit dem Tod des Auftraggebers erlischt.

Liegt keine derartige Bestimmung vor, ergibt sich aber unmittelbar aus dem Gesetz kein Erlöschen der Vollmacht. Denn § 672 BGB sagt dazu:

Der Auftrag erlischt im Zweifel nicht durch den Tod oder den Eintritt der Geschäftsunfähigkeit des Auftraggebers.

Allerdings können die Erben des Vollmachtgebers, die ja in dessen Rechtsstellung vollständig eintreten nun selbst als Vollmachtgeber handeln und die Bevollmächtigung nach § 671 Abs. 1 widerrufen:

Der Auftrag kann von dem Auftraggeber jederzeit widerrufen, von dem Beauftragten jederzeit gekündigt werden.

Was ist eine Duldungsvollmacht?

Die Duldungsvollmacht ist eine Vollmacht, die – wie der Name schon sagt – durch Duldung erteilt wurde, also nicht ausdrücklich. Sie gehört daher zu den sog. Rechtsscheinvollmachten.

Dabei duldet jemand, dass ein anderer wie ein Vertreter für ihn auftritt. Zudem muss der Geschäftsgegner, also derjenige, demgegenüber der Vertreter handelt, dies so verstehen und auch so verstehen dürfen, dass dieser Vertretungsmacht hat.

Die Voraussetzungen sind also:

  • Vertreter hat keine Vertretungsmacht
  • Vertreter tritt auf, als hätte er Vertretungsmacht.
  • Vertretener duldet dieses Auftreten.
  • Geschäftsgegner versteht dies so, als hätte der Vertreter Vertretungsmacht.
  • Geschäftsgegner durfte dies auch so verstehen, ohne dass man ihm einen Fahrlässigkeitsvorwurf machen kann.
Was ist eine Anscheinsvollmacht?

Die Anscheinsvollmacht ist eine Vollmacht, die – wie der Name schon sagt – nur auf dem Schein, jemand habe Vollmacht, beruht. Sie gehört daher zu den sog. Rechtsscheinvollmachten.

Zunächst muss jemand sich eine tatsächlich nicht bestehende Vollmacht anmaßen, also Geschäfte für und gegen jemand anderen vornehmen; notwendig ist auch eine gewisse Dauer und Häufigkeit der Vertretungshandlungen. Dabei weiß der auf diese Weise „Vertretene“ nicht, dass jemand in dieser Weise auftritt – ansonsten handelt es sich um eine Duldungsvollmacht. Allerdings hätte der „Vertretene“ erkennen und verhindern können, dass dies passiert. Der Geschäftsgegner seinerseits muss annehmen dürfen, dass der Vertretene die Vertretung billigt.

Die Voraussetzungen sind also:

  • Vertreter hat keine Vertretungsmacht
  • Vertreter tritt auf, als hätte er Vertretungsmacht.
  • Vertretung ist von gewisser Häufigkeit.
  • Vertretener hätte diese Art der Vertretung verhindern können.
  • Vertretener weiß aber nichts davon.
  • Geschäftsgegner versteht dies so, als hätte der Vertreter Vertretungsmacht.
  • Geschäftsgegner durfte dies auch so verstehen, ohne dass man ihm einen Fahrlässigkeitsvorwurf machen kann.
Was ist der Unterschied zwischen einer Duldungsvollmacht und einer Anscheinsvollmacht?

Grundsätzlich gehören beide Arten der „Vollmacht“ zu den Rechtsscheinvollmachten. Sie existieren also nicht wirklich durch ausdrückliche Bevollmächtigung, sondern nur deswegen, weil es nach außen so wirkt.

Die Voraussetzungen der Duldungsvollmacht sind:

  • Vertreter hat keine Vertretungsmacht
  • Vertreter tritt auf, als hätte er Vertretungsmacht.
  • Vertretener duldet dieses Auftreten.
  • Geschäftsgegner versteht dies so, als hätte der Vertreter Vertretungsmacht.
  • Geschäftsgegner durfte dies auch so verstehen, ohne dass man ihm einen Fahrlässigkeitsvorwurf machen kann.

Die Voraussetzungen der Anscheinsvollmacht sind:

  • Vertreter hat keine Vertretungsmacht
  • Vertreter tritt auf, als hätte er Vertretungsmacht.
  • Vertretung ist von gewisser Häufigkeit.
  • Vertretener hätte diese Art der Vertretung verhindern können.
  • Vertretener weiß aber nichts davon.
  • Geschäftsgegner versteht dies so, als hätte der Vertreter Vertretungsmacht.
  • Geschäftsgegner durfte dies auch so verstehen, ohne dass man ihm einen Fahrlässigkeitsvorwurf machen kann.

Die wichtigen Unterschiede sind jeweils fett markiert. Daraus erkennen wir folgendes: Bei der Duldungsvollmacht reicht die Duldung alleine bereits aus, da diese eine konkludente (schlüssige) Bevollmächtigung darstellt und damit nicht mehr weit von einer ausdrücklichen (rechtsgeschäftlichen) Vollmacht entfernt ist. So weit geht man bei der Anscheinsvollmacht nicht, hier muss kein Wissen um das Auftreten der Vertreters vorliegen, vielmehr reicht die Fahrlässigkeit aus, dies nicht verhindert zu haben. Dafür muss hier aber noch eine gewisse Dauer und Häufigkeit hinzukommen, weil man erst dann einen höheren Fahrlässigkeitsvorwurf an den „Vertretenen“ machen kann, während bei der Duldungsvollmacht ein einmaliges Auftreten reicht.

Was ist ein „Geschäft für den, den es angeht“?

Bei einem solchen Geschäft handelt es sich um eine nicht offengelegte Vertretung, meist bei einem Kaufvertrag. Der (vermeintliche) Käufer kauft also etwas ein und sagt an der Kasse nicht, dass er diese Sache für einen anderen kaufen möchte. Damit müsste nach § 164 Abs. 1 Satz 1 BGB nur der Kaufende selbst Vertragspartei werden, da er seine Willenserklärung nicht „im Namen des Vertretenen“ abgegeben hat.

Trotzdem sind die Grundsätze der Stellvertretung hier anwendbar, da man ein stillschweigendes Einverständnis des Verkäufers mit dieser Vertretungsregelung annimmt: Dem Supermarkt ist es egal, für wen die gekaufte Dosensuppe bestimmt ist. Und wenn dann jemand anderes als der damalige Käufer die Sache reklamiert, wird der Supermarkt dessen Rechte genauso erfüllen wie wenn er selbst an der Kasse gestanden hätte. Umgekehrt wäre es schlichtweg seltsam, wenn man beim Einkauf hinsichtlich jeder Ware erklären müsste, in wessen Namen sie nun gekauft wird.

Selbstverständlich funktioniert dies alles nur bei Verträgen, die alltäglich und einfach gelagert sind, sodass es auf die beteiligten Personen nicht ankommt. Bei einem Mietvertrag kann man nicht auf einmal sagen „Ach übrigens, nicht ich ziehe ein, sondern der, den es angeht“.

Was ist, wenn man nicht sagt, dass man für jemand anderen handelt?

In dem Fall wird man selbst berechtigt und verpflichtet, man wird also Vertragspartner. § 164 Abs. 2 sagt dies allerdings etwas undeutlich:

Tritt der Wille, in fremdem Namen zu handeln, nicht erkennbar hervor, so kommt der Mangel des Willens, im eigenen Namen zu handeln, nicht in Betracht.

Man kann sich dann also weder auf fehlenden Rechtsbindungswillen berufen noch allein deswegen anfechten. Die Ratio dahinter ist klar: Der Vertragspartner weiß nichts von der Vertretung, also muss er auch davon ausgehen können, dass er mit der Person, die er vor sich sieht, einen Vertrag schließt.

Ausnahmen sind selten, Beispiele sind das „Geschäft für den, den es angeht“ oder Geschäfte im Rahmen der „Schlüsselgewalt“ des Ehegatten.

Was ist die Schlüsselgewalt?

Der Begriff hört sich recht brutal an, tatsächlich meint „Gewalt“ hier so viel wie „Befugnis“, genauer „Vertretungsmacht“. Geregelt ist die Schlüsselgewalt in § 1357 Abs. 1 BGB:

Jeder Ehegatte ist berechtigt, Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie mit Wirkung auch für den anderen Ehegatten zu besorgen. Durch solche Geschäfte werden beide Ehegatten berechtigt und verpflichtet, es sei denn, dass sich aus den Umständen etwas anderes ergibt.

Es handelt sich dabei also um die Befugnis, für die gesamte Familie etwas zu besorgen. Dadurch werden stets beide Ehegatten Vertragspartner, weil der einzelne Ehepartner eben tatsächlich nicht nur für sich gekauft hat. Im Gegensatz zu § 164 Abs. 1 Satz 1 BGB muss aber nicht offengelegt werden, dass man (auch) für den anderen handelt. Die Vertretungswirkung tritt automatisch ein.

Was sind „Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie“?

Die Schlüsselgewalt gemäß § 1357 BGB bezieht sich nur auf „Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie“. Nur bei diesen werden beide Ehegatten gleichermaßen berechtigt und verpflichtet, auch, wenn nur einer von ihnen handelt.

Derartige Alltagsgeschäfte sind nach der Rechtsprechung solche, die im Rahmen der Lebensführung und Bedürfnisbefriedigung dieser konkreten Familie üblich sind. Dies sind der tägliche Einkauf im Supermarkt oder sämtliche üblichen Anschaffungen für die Kinder, es können aber auch ganz hochpreisige Geschäfte sein: Reisen, Kredite, das Auto für die Familie (nicht dagegen für den Beruf eines Ehegatten) oder Versicherungen.

Nicht darunter fallen allerdings Maßnahmen der Vermögensbildung, da diese nicht den Lebensbedarf decken, sondern ihn auf Dauer erhöhen sollen. Auch die Zustimmung zu einem Mieterhöhungsverlangen des Vermieters gehört nicht dazu.

Muss der Vertragspartner bei der Schlüsselgewalt wissen, dass eine Ehe besteht?

Nein, die Wirkung tritt automatisch ein. Seine Kenntnis ist keine Voraussetzung.

Gilt die Schlüsselgewalt auch bei Trennung der Ehegatten?

§ 1357 Abs. 3 BGB sagt:

Absatz 1 gilt nicht, wenn die Ehegatten getrennt leben.

Die Schlüsselgewalt endet also erst beim tatsächlichen Getrenntleben. Ein vorübergehender Auszug reicht nicht aus, ebensowenig die (freilich seltene) Einleitung des Scheidungsverfahrens, bei Aufrechterhaltung der Ehewohnung. Erst bei dauerhafter Trennung kann man davon ausgehen, dass der Grund der Schlüsselgewalt wegfällt: Es gibt dann ja keinen gemeinsamen Familienbedarf mehr (auch dann nicht, wenn es um Anschaffungen für die gemeinsamen Kinder geht), also ist eine Vertretungsregelung nicht mehr nötig.

Auf die Kenntnis des Vertragspartners kommt es wiederum nicht an.

Kann man anfechten, wenn sich der Vertreter irrt?

Ja, in diesen Fällen wird auf den Irrtum des Vertreters abgestellt, § 166 Abs. 1 BGB:

Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht.

Anfechtungsberechtigt ist aber der Vertretene, da ja nur ihm die Willenserklärung zugerechnet wird. Der Vertreter selbst wird dadurch nicht verpflichtet, er hat also kein Interesse daran, diese Erklärung aus der Welt zu schaffen.

Was ist ein Wissensvertreter?

Ein Wissensvertreter ist eine Person, deren Wissen (z.B. die Kenntnis von Mängeln oder der Unrichtigkeit des Grundbuchs) sich der Vertretene zurechnen muss. Er kann sich also nicht darauf berufen, er selbst habe etwas nicht gewusst, wenn der von ihm eingesetzte Gehilfe dieses Wissen hatte.

Beispiele für Wissensvertreter sind der Versicherungsvertreter, der Schalterangestellte einer Bank oder in gewissen Fällen auch die Sekretärin.

Bei einem „richtigen“ Vertretung, also einer Person mit Vertretungsmacht für und gegen den Vertretenen, braucht es den Umweg über den Wissensvertreter nicht, da dessen Wissen unmittelbar über § 166 Abs. 1 BGB dem Vertretenen zugerechnet wird. Der Wissensvertreter wird also im Hinblick auf die Kenntnis dem rechtsgeschäftlichen Vertreter gleichgestellt.

Was ist ein Gesamtvertreter?

Gesamtvertreter sind nicht etwa Vertreter, die besonders viel dürfen, also insgesamt zuständig wären. Im Gegenteil, so bezeichnet man Personen, die für sich allein genommen überhaupt keine Vertretungsmacht haben, sondern nur zusammen handeln dürfen. Eine Vertretungshandlung ist also nur gültig, wenn sie alle die gleiche Willenserklärung abgegeben haben. Dies kann entweder in der Bevollmächtigung so bestimmt werden oder sich aus gesetzlichen Vorschriften ergeben, z.B. § 48 Abs. 2 HGB für Gesamtprokuristen oder § 35 Abs. 2 GmbHG für die Geschäftsführer einer GmbH.

Willenserklärungen gegenüber dem Vertretenen (passive Stellvertretung) sind aber bereits gültig, wenn sie gegenüber einem der Gesamtvertreter abgegeben werden. Dies folgt als § 26 Abs. 2 Satz 2 BGB, der zwar nach seiner Stellung nur für Vereinsvorstände gilt, aber allgemein auf alle ähnlichen Vertretungsgremien angewandt wird.

Kann man eine Vollmacht anfechten?

Solange die Bevollmächtigung noch nicht ausgeübt wurde, also der Vertreter noch keine Willenserklärung namens des Vertretenen abgegeben hat, ist keine Anfechtung notwendig, da die Vollmacht jederzeit widerrufen werden kann, § 168 Satz 2 BGB:

Die Vollmacht ist auch bei dem Fortbestehen des Rechtsverhältnisses [aufgrund dessen sie erteilt wurde] widerruflich, sofern sich nicht aus diesem ein anderes ergibt.

Interessanter ist die Frage, was man tun kann, wenn der Vertreter bereits von seiner Vertretungsmacht Gebrauch gemacht hat. Diese kann man bei einem relevanten Irrtum ebenso anfechten wie jede andere Willenserklärung. Damit handelt der Vertreter nun auf einmal ohne Vertretungsmacht ist gemäß § 179 BGB dem Vertragspartner zur Vertragserfüllung oder zum Schadenersatz verpflichtet. Er selbst wiederum kann aber gemäß § 122 BGB Schadenersatz vom Vertretenen beanspruchen, da dieser durch seine Anfechtung den Grund für den Schadenersatz gegenüber dem Vertragspartner geschaffen hat.

Was passiert, wenn man einen anderen ohne Berechtigung vertritt?

Diese Figur des Vertreters ohne Vertretungsmacht ist ausdrücklich im Recht der Stellvertretung geregelt. Zunächst nimmt § 164 Abs. 1 Satz 1 BGB diesen Fall schon begrifflich aus den Fällen der „normalen“ Vertretung heraus:

Eine Willenserklärung, die jemand innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgibt, wirkt unmittelbar für und gegen den Vertretenen.

Wird die Willenserklärung ohne Berechtigung abgegeben, befindet sie sich also schon gar nicht „innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht“.

Der so unfreiwillige Vertretene hat aber noch die Möglichkeit, dieses Geschäft doch gelten zu lassen, § 177 Abs. 1:

Schließt jemand ohne Vertretungsmacht im Namen eines anderen einen Vertrag, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags für und gegen den Vertretenen von dessen Genehmigung ab.

Damit wird dem Vertretenen also die Möglichkeit gegeben, das Geschäft zu genehmigen, weil er es möglicherweise doch für ganz vorteilhaft hält. Tut er dies, so wird der Vertrag wirksam und er kann die Rechte daraus wahrnehmen, ganz so als hätte er ihn selbst geschlossen.

Der Vertreter ohne Vertretungsmacht ist dagegen in einer ziemlich ungünstigen Position, wenn es nicht zur Genehmigung kommt (§ 179 Abs. 1 BGB):

Wer als Vertreter einen Vertrag geschlossen hat, ist, sofern er nicht seine Vertretungsmacht nachweist, dem anderen Teil nach dessen Wahl zur Erfüllung oder zum Schadensersatz verpflichtet, wenn der Vertretene die Genehmigung des Vertrags verweigert.

Dann kann sich der andere Teil also aussuchen, dass er den Vertrag mit dem Vertreter (und nicht mit dem vermeintlich Vertretenen) gelten lassen will. Er kann aber auch gleich Schadenersatz verlangen, und zwar für das (positive) Erfüllungsinteresse, also seinen gesamten Gewinn. Das Wahlrecht des Vertragspartners besteht deswegen, weil man ihm weder die Rechte aus dem Vertrag nehmen noch einen Vertragspartner aufdrängen will, den er sich nicht ausgesucht hat.

Weil dies aber ziemlich nachteilig für einen Vertreter wäre, der gutgläubig darauf vertraut hat, Vertretungsmacht zu haben, gibt es eine Einschränkung in § 179 Abs. 2 BGB:

Hat der Vertreter den Mangel der Vertretungsmacht nicht gekannt, so ist er nur zum Ersatz desjenigen Schadens verpflichtet, welchen der andere Teil dadurch erleidet, dass er auf die Vertretungsmacht vertraut, jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus, welches der andere Teil an der Wirksamkeit des Vertrags hat.

Hier wird also nur das negative Interesse ersetzt, in erster Linie die aufgewendeten Kosten.

Was ist der falsus procurator?

Das ist einfach nur der schöne lateinische Ausdruck für einen Vertreter ohne Vertretungsmacht nach § 177 BGB.

Was ist der Missbrauch der Vertretungsmacht?

Im Gegensatz zum Vertreter ohne Vertretungsmacht hat der missbräuchlich Vertretende volle Vertretungsmacht, er setzt sie nur anders ein als er darf. Man nennt dies die „Überschreitung der rechtlichen Dürfens im Rahmen des rechtlichen Könnens“.

Das kommt vor allem vor, wenn eine Vertretungsmacht durch Gesetz eingeräumt wird, die grundsätzlich unbeschränkt ist. So darf der OHG-Gesellschafter bspw. so gut wie alles. § 126 HGB setzt dem keine Grenzen:

(1) Die Vertretungsmacht der Gesellschafter erstreckt sich auf alle gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäfte und Rechtshandlungen einschließlich der Veräußerung und Belastung von Grundstücken sowie der Erteilung und des Widerrufs einer Prokura.
(2) Eine Beschränkung des Umfangs der Vertretungsmacht ist Dritten gegenüber unwirksam (…)

Gleichzeitig werden die Befugnisse der Gesellschafter jedoch erheblich eingeschränkt, zum einen durch den Gesellschaftsvertrag (§ 109 HGB), aber auch durch die Möglichkeit des Widerspruchs anderer Gesellschafter (§ 115 Abs. 1) und durch die Beschlusslage (§ 116 Abs. 2).

All das muss einen Vertragspartner aber nicht kümmern, denn er hat in die Interna der Gesellschaft ohnehin keinen Einblick. Er muss sich darauf verlassen können, dass der Gesellschafter ihm gegenüber berechtigt zum Handeln ist. Verletzt der Gesellschafter dadurch seine Pflichten gegenüber der Gesellschaft, müssen diese das unter sich ausmachen – einen Dritten berührt das nicht.

Was ist die Rechtsfolge eines Missbrauchs der Vertretungsmacht?

Grundsätzlich beeinflusst dies die Wirksamkeit der Vertretungshandlung nicht. Es ist das Risiko des Vertretenen, wenn er eine unzuverlässige Person einsetzt, die sich nicht an ihre Befugnisse hält. Im Außenverhältnis (zwischen Vertretenem und Vertragspartner) hat der Missbrauch normalerweise keine Auswirkungen. Etwas anderes gilt nur bei Kollusion und Evidenz.

Im Innenverhältnis (zwischen Vertreter und Vertretenem) liegt regelmäßig eine Pflichtverletzung vor, die dann zu Schadenersatzansprüchen führen kann.

Was bedeutet Kollusion?

Als Kollusion bezeichnet man das planvolle Zusammenwirken von Personen zum Schaden eines anderen. Wenn bspw. der Vertreter und der Vertragspartner vereinbaren, dass diese einen Vertrag zu Lasten des Vertretenen schließen, handeln sie kollusiv. Der Missbrauch der Vertretungsmacht führt dann ausnahmsweise zur Unwirksamkeit der Stellvertretung. Dies wird damit begründet, dass ein solches Rechtsgeschäft sittenwidrig ist (§ 138 Abs. 1 BGB).

Was bedeutet Evidenz?

Evidenz (lat. Offensichtlichkeit) bedeutet, dass für jeden klar war, dass der Vertreter seine Vertretungsmacht missbraucht. Ein Vertragspartner, der trotzdem einen Vertrag schließt, kann sich dann aufgrund der Grundsätze von Treu und Glauben nicht auf diesen Vertrag berufen. Es handelt sich damit um den seltenen Fall, dass der bloße Missbrauch einer bestehenden Vertretungsmacht zur Unwirksamkeit führt.

Treu und Glauben

Was bedeutet Treu und Glauben?

Treu und Glauben lassen sich schwer definieren. So schreibt der „Palandt“ (§ 242, Rdnr. 4) unter Berufung auf den Münchner Kommentar, der Begriff solle „den in der Gemeinschaft herrschenden sozialethischen Wertvorstellungen Eingang in das Recht verschaffen“. Im Übrigen entspringe daraus eine Verpflichtung zur „Rücksichtnahme auf die schutzwürdigen Interessen des anderen Teils sowie zu einem redlichen und loyalen Verhalten“.

Diese Ausführungen machen es vielleicht etwas leichter, sich ein Bild davon zu machen, was mit „Treu und Glauben“ gemeint ist. Eine allgemeine Definition kann es aber nicht wirklich geben, denn der Sinn dieses Grundsatzes ist gerade, ein gerechtes Urteil sicherzustellen. Könnte man Treu und Glauben also gesetzlich niederschreiben, bräuchte es diese Konstruktion gar nicht, da man dann für jeden Fall auch unmittelbar die „richtige“ Rechtsfolge festlegen könnte. Generalklauseln mit derartigen Billigkeitsgesichtspunkten sind aber gerade für das Unerwartete, für atypische Einzelfälle gedacht.

Bedeutet Treu und Glauben, dass der Richter entscheiden kann, wie er will?

Auch, wenn die Literatur konsequent abstreitet, es handle sich um eine Ermächtigung des Richters, nach Billigkeit zu urteilen, kommt man an diesem Schluss nicht ganz vorbei. Unter Berufung auf Treu und Glauben ist es dem Richter grundsätzlich gestattet, eine andere als die gesetzlich vorgesehene Rechtsfolge anzuwenden. Das würde an sich der Willkür Tür und Tor öffnen.

Dazu muss man aber sagen, dass die Rechtsprechung dieser Ermächtigung, die sich selbst eingeräumt hat, gleichzeitig erhebliche Schranken auferlegt hat. Zunächst muss stets das Gesetz angewandt werden. Nur, wenn es aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls zu völlig untragbaren Ergebnissen kommt, kann man behutsam überlegen, ob einer Partei die Berufung auf ihr Recht versagt werden kann.

Keinesfalls darf das Gericht dazu kommen, dass es gesetzliche Regelungen durch Billigkeitsrechtsprechung ersetzt. Ist also ein Richter der Meinung, dass die gesetzliche Verjährungsfrist von drei Jahren viel zu kurz ist, kann er diese Vorschrift nicht einfach aus Treu und Glauben unberücksichtigt lassen.

Wo steht Treu und Glauben im BGB?

Treu und Glauben ist ein universelles juristisches Prinzip. Es wird in vielerlei Zusammenhang herangezogen, was in der Regel auf folgende beiden BGB-Paragraphen gestützt wird:

§ 157: Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

§ 242: Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Daraus hat man eine Art Billigkeitsrechtsprechung entwickelt, mit deren Hilfe man Fälle lösen kann, in denen Gesetzeswortlaut und Gerechtigkeit eigentlich auseinanderfallen.

Wo steht im BGB noch etwas zu Treu und Glauben?

Neben den §§ 157 und 242 gibt es im bürgerlichen Recht noch einige weitere Vorschriften, die für bestimmte Fälle auf Treu und Glauben zurückgreifen:

§ 162: (1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten. (2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt, so gilt der Eintritt als nicht erfolgt.

§ 275 Abs. 2 Satz 1: Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht.

§ 307 Abs. 1 Satz 1: Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.

§ 320 Abs. 2: Ist von der einen Seite teilweise geleistet worden, so kann die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teils, gegen Treu und Glauben verstoßen würde.

§ 815: Die Rückforderung wegen Nichteintritts des mit einer Leistung bezweckten Erfolgs ist ausgeschlossen, wenn der Eintritt des Erfolgs von Anfang an unmöglich war und der Leistende dies gewusst hat oder wenn der Leistende den Eintritt des Erfolgs wider Treu und Glauben verhindert hat.

Aufgrund der weiten Anwendung des des Grundsatzes von Treu und Glauben wird er aber auch in vielen Fällen analog angewendet, in denen es eigentlich keine passende geschriebene Vorschrift gibt.

Wann besteht ein Auskunftsanspruch aus § 242 BGB?

Soweit kein anderer Auskunftsanspruch besteht, muss auf Treu und Glauben (§ 242 BGB) zurückgegriffen werden. Voraussetzungen dafür sind:

  • das Bestehen einer Sonderverbindung, sei es ein Vertrag oder ein gesetzliches Schuldverhältnis
  • eine nicht zu vertretende Ungewissheit über das Bestehen oder den Umfang eines Rechts
  • die zumutbare Auskunftserteilungsmöglichkeit des Anspruchsgegners
Welche Fälle eines Auskunftsanspruchs aus § 242 BGB gibt es?

Einen Auskunftsanspruch aus Treu und Glauben gibt es immer, wenn dessen Voraussetzungen erfüllt sind. Allerdings gibt es einige besonders häufige Fallgruppen, zu denen aber die Einzelfälle häufig streitig sind:

  • Makler gegen Vertragspartner
  • Handelsvertreter gegen Unternehmer bzgl. seines Ausgleichsanspruchs (§ 89b HGB)
  • Scheinvater gegen die Mutter auf Benennung des echten Vaters
  • Mitbewerber gegen unlauter Handelnden gemäß UWG
  • Betroffener gegen Betreiber eines Internetportals auf Herausgabe von Nutzerdaten
  • Geschädigter gegen Schädiger bei unerlaubter Handlung
  • Nacherbe gegen nicht befreiten Vorerben
  • Vermächtnisnehmer gegen Erben

Teilleistung und Minderlieferung

Was ist eine Teilleistung?

Eine Teilleistung liegt vor, wenn nur ein Teil der (teilbaren) Ware geliefert wird, also bspw. statt 50 Zentner Kartoffeln nur 30. Eine Schlechtleistung ist dagegen gegeben, wenn eine einheitliche Sache zu liefern ist, von der aber ein Einzelteil fehlt, z.B. bei einem Auto die Kopfstützen.

Wann kann man bei einer Teilleistung Schadenersatz statt der ganzen Leistung verlangen?

Grundsätzlich ist auch eine Teilleistung eine nicht wie geschuldet erbrachte Leistung im Sinne des § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB, die (nach Fristsetzung und bei Vertretenmüssen) zu Schadenersatz verpflichtet. Allerdings engt Satz 2 der Vorschrift das Schadenersatzverlangen auf die Fälle ein, in denen der Gläubiger kein Interesse an der erbrachten Leistung alleine hat.

Wann kann man bei einer Teilleistung zurücktreten?

Grundsätzlich ist auch eine Teilleistung eine nicht vertragsgemäß erbrachte Leistung im Sinne des § 323 Abs. 1 Satz 1 BGB, die (nach Fristsetzung) zu einen Rücktrittsgrund darstellt. Allerdings engt Absatz 5 der Vorschrift das Schadenersatzverlangen auf die Fälle ein, in denen der Gläubiger kein Interesse an der erbrachten Leistung alleine hat.

Können Mahnkosten in Rechnung gestellt werden?

Ja, auch die Mahnkosten sind Verzögerungsschaden. Allerdings kann ein Verzögerungsschaden nur geltend gemacht werden, wenn der Schuldner in Verzug ist. Der Verzug wiederum setzt eine Mahnung oder ein Äquivalent dazu (§ 286 Abs. 2 und 3) voraus.

Zusammenfassend kann man also sagen, dass die verzugsauslösende Mahnung nie erstattet wird, eine (erneute) Mahnung im Verzug dagegen schon. Von Bedeutung ist dies vor allem bei Rechtsanwaltskosten.

Sind Inkassokosten neben Rechtsanwaltskosten erstattungsfähig?

Nein, in aller Regel nicht. Wenn es später zu einer Klage kommt, spricht dies dafür, dass die Schulden streitig waren und noch immer sind; dann konnte der Kläger nicht davon ausgehen, dass ein Inkassounternehmen überhaupt Erfolg haben wird, die Kosten waren also nicht für die Rechtsverfolgung notwendig. Außerdem tut das Inkassounternehmen häufig nur das, was Aufgabe des Gläubigers selbst wäre, nämlich die Forderung anmahnen und weitere Schritte androhen. Für die Auslagerung dieser Tätigkeit kann er keinen Ersatz verlangen.

Wie hoch sind die gesetzlichen Zinsen?

Die gesetzlichen Zinsen sind kein fester Prozentsatz mehr, sondern orientieren sich an dem von der Bundesbank festgestellten Basiszinssatz. Dieser wird gemäß § 247 BGB jeweils zum 1. Januar und zum 1. Juli eines jeden Jahres für die nächsten sechs Monate festgelegt.

Gemäß § 288 Abs. 1 Satz 2 liegt der gesetzliche Zinssatz immer fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz, also bspw. derzeit bei 4,17 %, da der Basiszinssatz -0,83 % beträgt.

Für Entgeltforderungen zwischen Unternehmern liegt der Zinssatz noch einmal vier Prozentpunkte höher, § 288 Abs. 2.

Ab wann können Zinsen verlangt werden?

Der Zinslauf beginnt analog § 187 Abs. 1 BGB erst mit dem Tag nach dem die Verzinsung auslösenden Ereignis, also am Tag nach dem Eintritt des Verzugs bzw. der Klageerhebung.

Was ist eine verdeckte Minderlieferung?

Bei einer verdeckten Minderlieferung war dem Käufer nicht klar, dass er gerade zu wenig geliefert bekommt. Diese stellt einen Mangel gemäß § 434 Abs. 3 BGB dar, der zu einer Verjährung nach den speziellen kaufrechtlichen Mängelvorschriften führt: Die Verjährungsfrist beträgt nur zwei Jahre ab Ablieferung (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB).

Dies ist ein erheblicher Unterschied zur offenen Minderlieferung.

Was ist eine offene Minderlieferung?

Bei einer offenen Minderlieferung hat der Käufer sofot gemerkt (oder es wurde ihm vom Verkäufer gesagt), dass die Lieferung weniger ist als die vertraglich vereinbarte Menge. Dies stellt keine Minderlieferung als Mangel gemäß § 434 Abs. 3 dar, sondern eine Teillieferung. Der Anspruch auf Nachlieferung verjährt daher nicht nach den kaufrechtlichen Nacherfüllungsvorschriften, sondern nach der allgemeinen Verjährungsfrist von drei Jahren zum Jahresende (§§ 195, 199 Abs. 1).

Dies ist ein erheblicher Unterschied zur verdeckten Minderlieferung.

Welche Rechte hat der Gläubiger, wenn die Leistung hinsichtlich eines Teils unmöglich ist?

Kann der Schuldner die restliche Leistung nicht erbringen, gelten die allgemeinen Vorschriften über die Teilleistung. Bei nachträglicher Unmöglichkeit verweist § 283 Satz 2 BGB auf § 281 Abs. 1 Satz 2, ebenso § 311a Abs. 2 Satz 3 bei anfänglicher Unmöglichkeit.

Vertraglicher Schadenersatz

Was ist der kleine Schadenersatz?

Ist die Pflichtverletzung des Verkäufers eine Schlechtleistung, so ist der kleine Schadenersatz – neben dem großen Schadenersatz – eine von zwei Möglichkeiten, die Schadenshöhe zu berechnen. Dabei behält der Käufer die mangelhafte Sache und verlangt das, was ihm zur intakten Sache fehlt, als Schadenersatz: Entweder die Reparaturkosten oder oder die Wertdifferenz zwischen der mangelhaften und der mangelfreien Sache. Damit hat er die mangelhafte Sache und den Geldausgleich in seinem Vermögen, was in der Summe so viel wert ist wie die mangelfreie Sache.

Was ist der große Schadenersatz?

Ist die Pflichtverletzung des Verkäufers eine Schlechtleistung, so ist der große Schadenersatz – neben dem kleinen Schadenersatz – eine von zwei Möglichkeiten, die Schadenshöhe zu berechnen. Beim großen Schadenersatz gibt der Käufer die mangelhafte Sache zurück und verlangt als Schadenersatz die Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem tatsächlichen Wert der Sache. Hat der Käufer – wie häufig – den Kaufpreis bereits gezahlt, kann er den Wert der gesamten Gegenleistung verlangen, mindestens aber den Kaufpreis. Etwaige Folgeschäden sind natürlich auch zu ersetzen.

Der große Schadenersatz wird auch als Schadenersatz statt der ganzen Leistung bezeichnet.

Aufrechnung

Kann ich aufrechnen, wenn sich mein Vertragspartner in Insolvenz befindet?

Nein, da die Aufrechnung eine Erfüllungsmodalität ist und die Schuld ja auch nicht erfüllt werden könnte. Der eigentliche Gläubiger ist nicht mehr zur Verfügung über seine Forderung befugt, er ist also insoweit „Dritter“. Damit findet gemäß § 362 Abs. 2 BGB der § 185 entsprechende Anwendung, die Aufrechnung bedürfte also der Genehmigung des zuständigen Insolvenzverwalters (§ 80 InsO). Der Insolvenzverwalter wird die Aufrechnung regelmäßig nicht genehmigen, denn der Aufrechnende erhält dann ja 100 % seiner Forderung (weil seine eigene Schuld in gleicher Höhe erlischt), die anderen Gläubiger müssen sich dagegen mit einem Anteil an der Insolvenzmasse abspeisen lassen, der regelmäßig nur einige wenige Prozent des wirklichen Anspruchs beträgt.

Was ist die Hauptforderung, was die Gegenforderung bei der Aufrechnung?

Die Forderung, gegen die aufgerechnet wird, bezeichnet man als Hauptforderung, die, mit der aufgerechnet wird, als Gegenforderung oder auch als Aufrechnungsforderung.

Wir versuchen hier, diese Begriffe zu vermeiden, da sie nicht hilfreich, unter Umständen sogar missverständlich sind. Grundsätzlich ist es ja so, dass beide Forderungen ganz einfach Forderungen sind, die man im Grunde nicht unterscheiden kann. Der einzige Unterschied ist die Perspektive. Geht es um den Aufrechnenden, so bezeichnen wir dessen Forderung als die „eigene Forderung“, die des anderen als „fremde Forderung“.

Kann man eine Forderung erwerben, um mit ihr aufrechnen zu können?

Ja, eine solche Vorgehensweise ist grundsätzlich nicht zu beanstanden. Man dürfte darin nur ausnahmsweise einen Verstoß gegen Treu und Glauben sehen können.

Wann sind Leistungen gleichartig?

Als gleichartig im Sinne des § 387 BGB bezeichnet man Leistungen, die aus dem gleichen Gegenstand bestehen. In erster Linie dürfte es also um Geld gegen Geld gehen, ausnahmsweise auch um identische Sach- und Dienstleistungen.

Was regelt § 406 BGB?

§ 406 BGB ist beim ersten Lesen sehr schwer zu verstehen:
Der Schuldner kann eine ihm gegen den bisherigen Gläubiger zustehende Forderung auch dem neuen Gläubiger gegenüber aufrechnen, es sei denn, dass er bei dem Erwerb der Forderung von der Abtretung Kenntnis hatte oder dass die Forderung erst nach der Erlangung der Kenntnis und später als die abgetretene Forderung fällig geworden ist.

Wir befinden uns hier im Recht der Abtretung. Es ist also so, dass dem B eine Forderung gegen A zusteht, zum Beispiel eine Kaufpreiszahlung. Der B tritt diese Forderung nun an C ab, warum auch immer. Nun kann C die Forderung gegen A geltend machen.

§ 406 beschäftigt sich mit der Frage, ob A eine Gegenforderung gegen B auch dem C entgegenhalten kann. Denn gegen B könnte er die Forderung problemlos verwenden und eigentlich wäre ja auch B sein Vertragspartner. Dass der Anspruch an C weitergegeben wurde, ist nicht das Problem von A.

Darum geht § 406 auch davon aus, dass diese Aufrechnung grundsätzlich möglich ist und nennt nur zwei Ausnahmen hiervon („es sei denn“):

  • Entweder A wusste von der Abtretung, als er seine Forderung gegen B erwarb. Dann musste ihm klar sein, dass zwischen den beiden keine gegenseitigen Forderungen mehr bestehen würden, und es wäre ungerecht, ihn trotzdem aufrechnen zu lassen.
  • Oder die Forderung bestand schon vorher, wurde aber fällig erst nach Kenntniserlangung über die Abtretung und erst nach der abgetretenen Forderung. Hier hätte der B ja schon vorher gegen A auf Leistung klagen können, da es einen Zeitraum gab, in dem der Anspruch des B fällig war, der des A aber noch nicht. Ob B nun gleich selber klagt oder seinen Anspruch abtritt, ergibt keinen derartigen Unterschied.
Wie kann bei gewillkürter Prozessstandschaft aufgerechnet werden?

Die gewillkürte Prozessstandschaft ändert an den Eigentumsverhältnissen bzgl. der Forderungen nichts. Entscheidend kommt es also auf die Rechtsbeziehungen zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger an, unabhängig davon, wer den Prozess führt.

Ist eine Gegenaufrechnung möglich?

Nein, da die sich gegenüberstehenden Forderungen durch die erklärte Aufrechnung erlöschen.

Beispiel:

  • A kann von B 2000 Euro Mietschulden verlangen.
  • B kann von A 2000 Euro Schadenersatz verlangen.

Nun kann B ohne Weiteres die Aufrechnung erklären, was bedeutet, dass die Miete als gezahlt gilt – das ist für B vorteilhaft, weil er damit unter Umständen einen Kündigungsgrund aus der Welt schafft.

Nun hat A aber außerdem noch 3000 Euro Rechtsanwaltskosten aus einem früheren Prozess gegen B offen. Kann A nun zur Aufrechnungserklärung des B sagen „Pech gehabt, du kannst gar nicht aufrechnen, weil ich nämlich mit meinen Rechtsanwaltskosten gegen deine Forderung aufrechne“?

Nein, das ist nicht möglich, da bereits die Aufrechungserklärung des B das Erlöschen der beiden gegenüberstehenden Forderungen auslöst. In dem Moment, in dem A seine Kostenforderung „auf den Tisch legt“, besteht seine Mietforderung gar nicht mehr. A hätte vielmehr selbst zunächst die Aufrechnung seiner Kosten (also von 2000 der 3000 Euro) gegen die Schadenersatzforderung des B erklären müssen. Hier gibt es praktisch ein Auswahlrecht desjenigen, der zuerst aufrechnet.

Wie kann man zwei Forderungen gegeneinander aufrechnen?

Die Aufrechnung ist in § 387 BGB geregelt:

Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann.

Man muss folgende Dinge überprüfen:

  1. Aufrechnungslage, § 387
    1. gegenseitige Forderungen (gleicher Gläubiger bzw. Schuldner)
    2. gleichartige Forderungen
    3. fällige und durchsetzbare eigene Forderung
    4. erfüllbare fremde Forderung
  2. Aufrechnungserklärung, § 388
  3. kein Aufrechnungsverbot, z.B. §§ 393, 394

Rechtsfolge einer zulässigen Aufrechnung ist das Erlöschen beider Forderungen im Moment der Erklärung. Das gilt natürlich nur, soweit sie sich gleichwertig gegenüberstehen. Wer eine 7000-Euro-Forderung gegen einer Schuld von 5000 Euro aufrechnet, behält die restliche Forderung über 2000 Euro.

Wann ist die Aufrechnung ausgeschlossen?

Auch bei grundsätzlichem Bestehen einer Aufrechnungslage bleibt diese erfolglos, wenn sie aus anderen Gründen ausgeschlossen ist. Solche Gründe können sein:

  • vertraglicher Ausschluss: Ist abgesprochen, dass keine Aufrechnung vorgenommen werden darf, gilt dies natürlich. Allerdings muss das tatsächlich vertraglich vereinbart sein, eine einseitige Weigerung, die Aufrechnung zu akzeptieren, reicht nicht aus. Wenn vereinbart wurde, dass die Leistung zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort erfolgt, dann ist regelmäßig auch ein Aufrechnungsausschluss anzunehmen, da der Gläubiger hier erwarten kann, dass er genau dann auch die Leistung bekommt und nicht auf eine Aufrechnung verwiesen wird.
  • Beschlagnahme, § 392 BGB: Ist die Forderung im Wege der Zwangsvollstreckung gepfändet worden, kann gegen sie nicht mehr aufgerechnet werden. Sonst würde der Gläubiger die Rechte der anderen, bereits vollstreckenden Gläubiger unterlaufen und sich in voller Höhe befriedigen können, während für die anderen nur eine geringe Quote verbleibt.
  • vorsätzliche unerlaubte Handlung, § 393: Wer wegen einer von ihm begangenen vorsätzlichen unerlaubten Handlung leisten muss, kann dies nicht durch Aufrechnung tun. Der Hintergedanke ist, dass hier Schmerzensgeld und Schadenersatz immer in Geld zu leisten ist und nicht durch bloßen Verzicht auf eigene Rechte. Zudem wäre es sonst möglich, uneinbringliche Forderungen durch Rache zu kompensieren.
  • unpfändbare Forderung, § 394: Rechte, die nicht der Pfändung unterliegen, also das Existenzminimum, können auch nicht durch Aufrechnung erfüllt werden. Der Sohn hat gegen seinen Vater also einen Anspruch auf Unterhalt, auch, wenn er noch Schulden beim Vater hat.
  • Treu und Glauben, § 242: Auf Treu und Glauben kann man sich natürlich immer berufen. Eine Aufrechnung kann unter besondere Umstände treuwidrig sein, die Fälle hierzu lassen sich nur mit dem Gesetzeskommentar beurteilen.
Kann ich die Aufrechnung per AGB ausschließen?

Das kommt darauf an. § 309 Nr. 3 BGB verbietet

eine Bestimmung, durch die dem Vertragspartner des Verwenders die Befugnis genommen wird, mit einer unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderung aufzurechnen

Es ist also nicht jedes Aufrechnungsverbot untersagt, sondern nur, wenn die Forderung unbestritten oder gerichtlich festgestellt ist. Eine Forderung, die jemand vielleicht hat, vielleicht aber auch nicht, kann er nicht für eine Aufrechnung verwenden, wenn dies in den AGB so steht. Dadurch kann der Vertragspartner also die Aufrechnung schon dadurch unterbinden, dass er die Forderung bestreitet – auch, wenn seine Chancen vor Gericht ziemlich gering wären.

Kann man eine Aufrechnungserklärung widerrufen?

Nein, die Erklärung wirkt sofort und führt damit die Aufrechnung herbei. Will man die Aufrechnungswirkung zerstören, muss man die Erklärung anfechten, bspw. wegen Irrtums über das Bestehen der fremden Forderung.

Vertragliche Pflichtverletzungen

Wird das Verschulden bei der Nichtleistung vermutet?

Ja, auch hier gilt die allgemeine Vermutungsregelung des § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB, wonach der Schuldner seine Nichtvertretenmüssen beweisen muss.

Wann sind bei einer Schlechtleistung der Schadenersatz statt der Leistung und Rücktritt ausgeschlossen?

Sowohl § 281 Abs. 1 Satz 3 als auch § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB schließen den Schadenersatz statt der ganzen Leistung bzw. den Rücktritt aus, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist. Als unerheblich gilt ein Mangel in der Regel, wenn die Nachbesserungskosten weniger als 10 % des Kaufpreises betragen oder die objektivierbare Leistungsminderung weniger als 5 % beträgt.

Ist der Mangel nicht behebbar und auch nicht quantifizierbar, muss auf die Minderung der Funktionstätigkeit und auf ästhetische Beeinträchtigungen abgestellt werden. Erheblich ist die Pflichtverletzung jedenfalls, wenn der Käufer die Sache bei Kenntnis des Mangels nicht gekauft hätte oder der Verkäufer sie arglistig verschwiegen hat.

Wann ist eine Nachlieferung unmöglich?

Insbesondere beim Stückkauf ist die Nachlieferung häufig nicht möglich. Dies ist immer dann der Fall, wenn die Kaufsache nicht durch eine gleichartige und gleichwertige Sache ersetzt werden kann. Es müsste sich also – gerade bei gebrauchten Sachen – zufälligerweise um ein absolutes Duplikat des Kaufgegenstands handeln.

Was sind Aufwendungen?

Aufwendungen sind freiwillige Vermögensopfer im Gegensatz zu unfreiwilligen Vermögenseinbußen (Schäden). Diese kann der Gläubiger an sich als Schadenersatz beanspruchen, da sie eben keinen Schaden darstellen.

Das beste Beispiel ist der Bilderrahmen, den man gekauft hat, um ein teures Bild angemessen darzustellen. Kommt der Verkauf dann doch nicht zustande, ist die Anschaffung des Rahmens kein Schaden, da man den Preis dafür auf jeden Fall hätte zahlen müssen.

Für diese Fälle gibt es einen Aufwendungsersatz gemäß § 284 BGB.

Wann kann man Aufwendungsersatz verlangen?

Gemäß § 284 ist der Ersatz von Aufwendungen nur möglich, wenn theoretisch ein Schadenersatzanspruch statt der Leistung gegeben wäre, also in erster Linie aus §§ 281, 282, 283 oder 311a Abs. 2.

Was ist der Unterschied zwischen einer Hauptpflichtverletzung und einer Nebenpflichtverletzung?

Grundsätzlich ist der Unterschied relativ leicht:

Hauptpflichten sind diejenigen, die den Kern des Vertrags bilden. Wer bspw. einen Kühlschrank kauft, will, dass dieser kühlt. Fällt er aus und verderben die Lebensmittel darin, so handelt es sich um einen Schaden aus einer Hauptpflichtverletzung gemäß § 280 Abs. 1.

Nebenpflichtung sind dagegen solche, die eine Rücksichtnahme auf andere Rechtsgüter voraussetzen (§ 241 Abs. 2 BGB). Produziert der Kühlschrank auf einmal viel zu viel Kondenswasser, dass das Parkett aufweicht wird, so handelt es sich dagegen um einen Schaden einer Nebenpflichtverletzung gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2.

Am Schadenersatz wegen des Mangels ändert sich hierbei nicht viel, allerdings können sich die Voraussetzungen dafür unterscheiden.

Was ist hinsichtlich Schadenersatz und Rücktritt der Unterschied zwischen einer Hauptpflichtverletzung und einer Nebenpflichtverletzung?

Hier ist zwischen Haupt- und Nebenpflichtverletzung zu unterscheiden:

Bei einer Hauptpflichtverletzung sehen sowohl § 281 Abs. 1 als auch § 323 Abs. 1 zunächst eine Fristsetzung vor, bevor die Hauptleistung abgelehnt werden kann.

Bei der Nebenpflichtverletzung dagegen stellen sowohl § 282 als auch § 324 auf die Unzumutbarkeit der weiteren Leistung war.

Ist es eine Neben- oder eine Hauptpflichtverletzung, wenn sich eine Sorgfaltspflichtverletzung auf die Hauptleistung auswirkt?

Nebenpflichten beziehen sich grundsätzlich nur auf alle Rechtsgüter, die nicht die Hauptleistung darstellen. Sie schützen also das Integritätsinteresse des Gläubigers an seinem schon bestehenden Eigentum. Wirkt sich ein Schaden dagegen nur an dem aus, was er durch das Geschäft erwirbt, stellt dies einen Mangel der Hauptleistung dar.

Beispiel: Der Verkäufer liefert einen Fernseher. Bei der Lieferung lässt er diesen im Haus des Käufers fallen. Geht der Fernseher selbst kaputt, handelt es sich um einen Mangel der Hauptleistung. Wird dagegen der Fußboden des Käufers beschädigt, liegt insoweit eine Nebenpflichtverletzung vor.

Ist die Abnahme der Sache Haupt- oder Nebenpflicht?

In der Regel dürfte es sich nur um eine Nebenpflicht handeln, da es sich nicht um einen Teil des Austauschverhältnisses handelt. Auch hat der Verkäufer kein besonderes Interesse daran hat, die Sache unbedingt loszuwerden. Anders kann dies aber bei äußerst unhandlichen oder sonst lästigen Kaufsachen sein, die beim Verkäufer Platz wegnehmen oder gar Lagerkosten verursachen.

Was bedeutet die Klausel „gekauft wie gesehen“?

Diese Klausel stellt einen Gewährleistungsausschluss für alle Mängel dar, die bei einer Besichtigung wahrnehmbar waren. Sie gilt nicht für versteckte Mängel sowie für solche, die erst danach (aber vor Gefahrübergang) entstanden sind.

Was bedeutet elektive Konkurrenz?

Die elektive Konkurrenz ist ein äußerst seltenes Rechtskonstrukt, das im BGB wohl nur ein einziges Mal in dieser Form vorkommt: Beim Recht des Käufers einer mangelhaften Sache (§ 439 Abs. 1). Er kann Nachlieferung oder Nachbesserung verlangen und dabei grundsätzlich auch nach Treffen seiner Wahl auf die andere Nacherfüllungsart wechseln.

Letzteres unterscheidet die elektive Konkurrenz von der ganz ähnlichen Wahlschuld (§ 262), bei der nach getroffener Wahl keine Änderung dieser Entscheidung mehr möglich ist.

Formvorschriften

Ist eine Willenserklärung per E-Mail zulässig?

Grundsätzlich ja. Eine Willenserklärung kann in jeder beliebigen Form abgegeben werden, egal ob mündlich, schriftlich, per Fax, in einer notariellen Urkunde, durch eine Geste (Kopfnicken) oder eben per E-Mail. Solange der Wille klar geäußert wurde, ist er rechtsgeschäftlich bindend.

Etwas anderes gilt nur, wenn ausnahmsweise eine besondere Form vom Gesetz vorgesehen ist, z.B. bei Grundstücksgeschäften (§ 311b Abs. 1 Satz 1) oder Verbraucherdarlehen (§ 492 Abs. 1).

Wer muss nachweisen, von wem eine E-Mail geschrieben wurde?

Willenserklärungen sind auch per E-Mail zulässig. Aber häufig steht man vor dem Problem, dass man nicht sicher nachweisen kann, dass auch derjenige, von dem die E-Mail zu sein scheint, diese geschrieben hat. E-Mail ist eine sehr unsichere Art der Kommunikation, jeder kann unter jeder beliebigen Adresse Nachrichten verschicken.

Wie immer im Zivilrecht muss jeder die für ihn günstigen Tatsachen beweisen. Also muss man auch belegen können, dass die Person, die man gerade in Anspruch nehmen will, die Willenserklärung abgegeben hat. Wenn einem das nicht gelingt, wird man vertragliche Ansprüche nicht durchsetzen können.

Etwas anders ist die Lage, wenn jemand einen anderen an seinen Computer gelassen hat und dieser von dort aus die Mail geschrieben hat. Dann liegt ein Handeln unter fremdem Namen vor, das dem Inhaber des Computer analog zu den Vertretungsregelungen zugerechnet werden kann.

Warum gibt es Formvorschriften?

Da prinzipiell jeder Vertrag mündlich geschlossen werden kann, besteht insoweit eine gewisse Gefahr, dass etwas, was man „so dahersagt“, später eine immense rechtliche Bedeutung erlangt. Formvorschriften sollen davon etwas wegführen und ein Rechtsgeschäft „formalisieren“, also an bestimmte Rahmenbedingungen binden.

Im Mittelpunkt steht daher die sog. Warnfunktion. Dadurch, dass das Gesetz eine bestimmte Form verlangt, wird der Abschließende gewarnt. Allein das Fordern der Form durch den Vertragspartner dürfte auch einem juristischen Laien verdeutlichen, dass er dabei ist, etwas Bedeutsames zu tun.

Die Beweisfunktion soll hingegen dafür sorgen, dass keine Unklarheiten über das Zustandekommen und den Inhalt des Rechtsgeschäfts bestehen. Aus diesem Grund ist stets zu fragen, welche Nebenbestimmungen der Form bedürfen – denn hier besteht die Gefahr, dass wesentliche Klauseln ohne Einhaltung der Form vereinbart werden, aber den formbedürftigen Vertrag erheblich beeinflussen.

Wird eine notarielle Beurkundung gefordert, soll diese die Beweisfunktion verstärken und die Warnfunktion durch sachkundige Beratung (und auch durch die bloße Tatsache, dass man extra einen Notar aufsuchen muss) untermauern. Gerade Grundstücksgeschäfte können durch Einschaltung des Notars auch behördlich kontrolliert werden, insbesondere, was die Grunderwerbsteuer angeht.

Was ist eine öffentliche Beglaubigung?

Bei der öffentlichen Beglaubigung (§ 129) wird durch einen Notar bestätigt, dass eine Unterschrift auf einem Dokument tatsächlich von dem stammt, dessen Name daruntersteht. Der Inhalt des Dokuments stammt dagegen nicht vom Notar selbst und wird auch nicht unbedingt daraufhin überprüft, ob er genau das bewirkt, was die Parteien übereinstimmend gewollt haben – hierfür muss man zur notariellen Beurkundung greifen. Die Beglaubigung dient also nur der Identitätsfeststellung.

Was ist eine notarielle Beurkundung?

Die notarielle Beurkundung (§ 128) ist die offiziellste denkbare Form. Hier erstellt der Notar eine Urkunde, bespricht den Inhalt eingehend mit den Parteien und lässt diese dann (natürlich nach erfolgter Identitätsfeststellung) unterzeichnen. Im Gegensatz zur öffentlichen Beglaubigung wird hier also auch der Inhalt des Vertrags notariell bestätigt.

Was ist eine amtliche Beglaubigung?

Eine amtliche Beglaubigung (§§ 33, 34 Verwaltungsverfahrensgesetz) ist die Kopie eines Originaldokuments, deren Übereinstimmung mit dem Original durch eine staatliche Behörde bestätigt wird. Dadurch wird eine erhöhte Gewähr für die Unverfälschtheit der Kopie gegeben, nicht aber für die Richtigkeit des Originals. War also bereits das Original gefälscht oder inhaltlich unrichtig, so kann die Kopie allein durch die Beglaubigung nicht besser sein.

Diese Art der Beglaubigung hat also mit der öffentlichen (notariellen) Beglaubigung nichts zu tun.

Was ist der Unterschied zwischen notarieller Beurkundung, öffentlicher Beglaubigung und amtlicher Beglaubigung?
  • Notarielle Beurkundung: Notar prüft Inhalt der Erklärung und Identität der Parteien.
  • Öffentliche Beglaubigung: Notar prüft Identität der Parteien.
  • Amtliche Beglaubigung: Behörde bestätigt Übereinstimmung einer Kopie mit dem Originaldokument.
Kann auch ein Rechtsanwalt eine amtliche Beglaubigung erteilen?

Nein, da der Anwalt keine Behörde ist. Eine anwaltliche Bestätigung mag in vielen Fällen schon „etwas wert sein“, eine Amtshandlung ist sie aber nicht. Ist gesetzlich vorgesehen, dass irgendetwas amtlich beglaubigt sein muss, hilft also nur der Gang zum Amt.

Unerlaubte Handlung

Wie hoch ist das Schmerzensgeld bei Tötung eines Angehörigen?

tombstone-2254390_1920Weil ein Passagier auf einer Kreuzfahrt vor Alaska vom Schiffsarzt mutmaßlich falsch behandelt wurde und verstarb, muss die Reederei ca. drei Millionen Euro Schmerzensgeld zahlen, so das Kreuzfahrt-Fachportal schiffe-und-kreuzfahrten.de.

Dass eine derart hohe Summe in Deutschland unmöglich wäre und lediglich amerikanische Verhältnisse widerspiegelt, ist wohl den meisten Menschen klar. Aber wie hoch ist in Deutschland das Schmerzensgeld, wenn ein Angehöriger getötet wird?

Grundsatz: Schmerzensgeld nur für eigene Schmerzen

Grundsätzlich ist es einmal so, dass ein Schmerzensgeld nur für eigene Schmerzen gezahlt wird. Es handelt sich um eine immaterielle Schadenswiedergutmachung. Das Schmerzensgeld ist ein Betrag, der gezahlt wird, um die Tatsache, dass es einem wegen des Todes des Angehörigen schlecht ging, aufzuwiegen. Das ist eine ziemlich kalte, eine juristisch-technische Herangehensweise.

Noch kälter wird es, wenn man sich die weitere Rechtsprechung dazu anschaut: Demnach ist der Tod einer geliebten Person ein sog. allgemeines Lebensrisiko. Es passiert nun einmal, dass Menschen sterben, das gehört zum Leben dazu. Die allgemeine Trauer soll demnach gar kein Schmerzensgeld auslösen, es muss schon ein richtiger Krankheitswert dazukommen, insbesondere ein physischer Schockzustand oder Depressionen.

Neuregelung: Schmerzensgeld auch für seelisches Leid

Da dies oftmals als unbillig empfunden wurde, gibt es mittlerweile (seit Mitte 2017) eine gesetzliche Regelung, die diese Lücke zumindest teilweise füllen soll. § 844 Abs. 3 BGB lautet nun:

Der Ersatzpflichtige hat dem Hinterbliebenen, der zur Zeit der Verletzung zu dem Getöteten in einem besonderen persönlichen Näheverhältnis stand, für das dem Hinterbliebenen zugefügte seelische Leid eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten. Ein besonderes persönliches Näheverhältnis wird vermutet, wenn der Hinterbliebene der Ehegatte, der Lebenspartner, ein Elternteil oder ein Kind des Getöteten war.

Aber auch diese Vorschrift setzt voraus, dass es ein nachweisliches „seelisches Leid“ gab. Das Schmerzensgeld ist also keineswegs ein Automatismus.

All diese Fragen drehen sich zunächst um die Thematik, ob überhaupt ein Schmerzensgeldanspruch besteht. Wenn dem so ist, muss die Höhe aus den individuellen Umständen bestimmt werden. Diese Umstände können zum Beispiel sein:

  • Miterleben des Todes durch die Angehörigen
  • besonders grausame Tötung
  • psychische Auswirkungen
  • Enge der Beziehung zum Verstorbenen
  • wirtschaftliche Situation der Beteiligten

Summen in Deutschland deutlich niedriger

Grundsätzlich ist ein Schmerzensgeld rund um 20.000 Euro ein guter Anhaltspunkt, wenn keine besonderen mindernden oder erhöhenden Umstände vorliegen. Diese Summe wird von den meisten Gerichten zuerkannt, wobei man sagen muss, dass die Rechtsprechung zu diesem ziemlich neuen Paragraphen noch nicht allzu weit entwickelt ist.

20.000 Euro – das ist weniger als 1 % der Summe, die die Reederei im Eingangsbeispiel zahlen musste. Das erklärt sich einfach durch die unterschiedlichen Rechtssysteme zwischen Deutschland und den USA. In den USA gibt es sog. „punitive damages“, am besten wohl als „Strafschadenersatz“ zu übersetzen, der nicht nur den zivilrechtlichen Schaden ersetzen soll, sondern auch strafenden Charakter hat. Das drohende Schmerzensgeld soll abschrecken und so zur Einhaltung der erforderlichen Sorgfalt motivieren.

Aus diesem Grunde ist es gerade bei Todesfällen (oder auch nichttödlichen Verletzungen) auf Reisen immer „lukrativ“, irgendwie die Zuständigkeit amerikanischer Gerichte zu erreichen. Das kann z.B. durch den Geschäftssitz des Unternehmens, durch den Ort des Zwischenfalls oder auch durch das Reiseziel geschehen. Es gibt durchaus Anwälte, die stets versuchen, hier irgendeinen Bezug zu den USA herzustellen.

Freilich muss aber jeder für sich selbst entscheiden, ob er den Tod eines Angehörigen unbedingt noch finanziell bis zum Äußersten ausschlachten will. Ein Schadenersatz im eigentlichen Wortsinne, dass man also so gestellt wird als habe es den Schaden nie gegeben, ist beim Verlust einer geliebten Person ohnehin nicht möglich. Ob der Eindruck, man wolle aus einer Tragödie nun ein Geschäft machen, dann berechtigt ist, ist glücklicherweise keine juristische Frage.

Wann haftet ein Tierhalter?

Wer sich ein Tier im Rahmen der Erwerbstätigkeit (z.B. Milchkuh) oder des Lebensunterhalts (z.B. Blindenhund) hält, haftet nur bei Verschulden, § 833 BGB. Dabei wird zunächst vermutet, dass ein durch das Tier verursachter Schaden auf eine Verletzung der Aufsichtspflicht zurückzuführen ist, der Halter muss dann das Gegenteil beweisen, sich „exkulpieren“.

Der Halter eines „Luxustiers“, also eine normalen Haustiers, kann sich dagegen nicht exkulpieren, er haftet immer und ohne Rücksicht auf sein Verschulden.

Kann man Verkehrssicherungspflichten übertragen?

Ja, dies ist einer der seltenen Fälle, in denen man Rechtspflichten tatsächlich so auf jemanden abwälzen kann, dass man selbst sie los wird.

Grundsätzlich haftet man bei Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht aus § 823 Abs. 1 BGB wegen unerlaubter Handlung. In erster Linie geht es dann nicht um ein Handeln an sich, sondern um ein Unterlassen, nämlich der nötigen Sicherungsmaßnahmen. Dafür haftet man aber eben doch wie für ein Handeln, weil die Sicherungspflicht verletzt ist.

Überträgt man diese Pflicht nun auf jemand anderen, ist man selbst nicht mehr verkehrssicherungspflichtig. Jeoch besteht weiterhin eine Überwachungspflicht: Man muss kontrollieren, dass der nun Verkehrssicherungspflichtige seinen Aufgaben ausreichend nachkommt. Ansonsten haftet man nach § 831 BGB für seinen Verrichtungsgehilfen.

Dies gilt allerdings nur gegenüber beliebigen Dritten, nicht innerhalb eines Vertrags. Hier hat man für das Verschulden des Erfüllungsgehilfen wie für eigenes einzustehen.

Was bedeutet Handeln auf eigene Gefahr?

Auch rechtlich bedeutet dies im Wesentlichen das, was man mit „Betreten auf eigene Gefahr“-Schildern verbindet. Jemand tut etwas und ist sich bewusst, dass es gefährlich ist und zu einem Schaden führen kann.

Ausdrücklich gesetzlich geregelt sind dessen Folgen aber nicht: Das Handeln auf eigene Gefahr führt nicht unbedingt dazu, dass jeglicher Schadenersatz ausgeschlossen ist. Wer bspw. bei einem Betrunkenen im Auto mitfährt, muss sich lediglich ein Mitverschulden gemäß § 254 BGB anrechnen lassen, sein Schadenersatz-/Schmerzensgeldanspruch wird also entsprechend gekürzt. Bei der Teilnahme an gefahrträchtigen Sportarten wird jedoch über Treu und Glauben (§ 242 BGB) oder über ergänzende Vertragsauslegung ein vollständiger Haftungsausschluss konstruiert, sofern kein grobes Foul vorliegt.

Sonstiges

Im allgemeinen Zivilrecht geht es um eine Vielzahl von privaten Rechtsbeziehungen. Dabei kann ein schuldrechtlicher Vertrag grundsätzlich jeden beliebigen Inhalt haben. Die gesetzlich vorgesehenen Kategorien (Kauf, Leihe, Dienstvertrag usw.) sind nicht abschließend und können fast beliebig ausgefüllt, kombiniert, abgeändert und ergänzt werden.

Welche Arten von Ansprüchen gibt es?

Man unterscheidet grundsätzlich folgende Gruppen von zivilrechtlichen Ansprüchen:

  1. vertragliche Primäransprüche: Der Anspruch auf die vertraglich geschuldete Leistung, z.B. der Kaufpreisanspruch aus einem Kaufvertrag.
  2. vertragliche Sekundäransprüche: Schadenersatzansprüche wegen der Verletzung von Vertragspflichten.
  3. vertragsähnliche Ansprüche: Ansprüche aus culpa in contrahendo, positiver Vertragsverletzung oder Geschäftsführung ohne Auftrag.
  4. dingliche Ansprüche: Ansprüche aus dem Sachenrecht, insbesondere wegen Eigentums- (§ 985) oder Besitzverletzung (§ 861) oder wegen Eigentumsstörung (§ 1004)
  5. deliktische Ansprüche: Ansprüche wegen unerlaubter Handlung, insbesondere aus § 823 Abs. 1 oder aus § 823 Abs. 2 in Verbindung mit einem Schutzgesetz, aber auch aus Gefährdungshaftung (§ 833 Satz 1 BGB oder § 7 Abs. 1 StVG)
  6. Kondiktionsansprüche: Ansprüche wegen ungerechtfertigter Bereicherung (§§ 812 bis 822)
  7. sonstige Ansprüche: Ansprüche aus einem Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte sowie Rückgriffsansprüche
Warum hat § 1004 BGB so eine große Bedeutung?

Vom bloßen Wortlaut her erscheint § 1004 BGB wenig bedeutsam:

Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen.

Tatsächlich wird dieser Paragraph nicht nur auf Eigentumsstörungen angewandt, sondern auf die Beeinträchtigung sämtlicher absoluter Rechte. Hierunter fallen bspw. das Recht am eigenen Bild und das Urheberrecht.

Wann kann man einen Anspruch verwirklichen?

Ein Recht zu haben, ist grundsätzlich gut. Aber es bedeutet noch lange nicht, dass man auch wirklich zu seinem Recht kommen. Dazu müssen drei Voraussetzungen zu bejahen sein:

  • Der Anspruch ist entstanden. Die Anspruchsgrundlage zu finden, ist meist nicht so schwierig. Fraglicher ist schon, ob nicht eine rechtshindernde Einwendung vorliegt. Dies ist bspw. der Fall, wenn ein Formmangel vorliegt (§ 134 BGB), das Geschäft wucherisch ist (§ 138 Abs. 2) oder die notwendige Zustimmung eines Dritten fehlt (§ 182 BGB).
  • Der Anspruch ist nicht untergegangen. Ein Anspruch entfällt nachträglich, wenn z.B. ein geschlossener Vertrag angefochten wird (§ 142 Abs. 1), ein Vertrag gekündigt wird (z.B. § 314) oder der Anspruch bereits erfüllt wurde (§ 362 BGB).
  • Der Anspruch ist durchsetzbar. Der bestehende Anspruch ist nicht durchsetzbar und damit zumindest vorübergehend wertlos, wenn ihm eine rechtshemmende Einwendung oder Einrede entgegensteht. Dazu gehört bspw. das Zurückbehaltungsrecht (§ 273), die Einrede des nicht erfüllten Vertrags (§ 320 Abs. 1 BGB) oder die Berufung auf Verjährung (§ 214 BGB).

Aber auch ein entstandener und noch immer bestehender, durchsetzbarer Anspruch ist natürlich nur dann zu verwirklichen, wenn der Schuldner leistungsfähig – in den meisten Fällen also zahlungsfähig – ist.

Was ist der Unterschied zwischen Einrede und Einwendung?

Einwendungen müssen vom entscheidenden Gericht stets („von Amts wegen“) berücksichtigt werden. Wenn der Beklagte also Tatsachen vorträgt, aus denen sich eine Einwendung ergibt, dann muss der Richter entscheiden, dass dem Anspruch die Einwendung entgegensteht.

Einreden dagegen sind nur relevant, wenn sich derjenige, dem sie zugute kommen, auch wirklich erhebt. Es reicht also nicht, dass z.B. der Beklagte vorträgt, die Leistung sei bereits vor langer Zeit fällig gewesen. Er muss – ohne freilich die juristischen Gesichtspunkte im Einzelnen darzulegen – ausdrücklich sagen, dass er nicht bereit ist, die Schuld zu zahlen, weil sie bereits derart alt ist.

Kurz gesagt: Bei einer Einrede muss man reden.

Kann ich meine Haftung auf jemand anderen abwälzen?

Das kommt darauf an.

Im vertraglichen Rahmen ist es bspw. möglich, dass man seiner Haftung dadurch nachkommt, dass man eigene Regressansprüche abtritt. So muss zwar der Verkäufer einer Sache gegenüber dem Käufer haften. Der Verkäufer hat aber gleichzeitig einen Anspruch gegen den Hersteller. So ist es prinzipiell möglich, dass der Verkäufer seinen Anspruch gegen den Hersteller an den Kunden abtritt, sodass sich dieser unmittelbar an den Hersteller wenden kann, was die Abwicklung vereinfacht und den Verkäufer völlig aus dieser herausnimmt. Eine solche Klausel ist jedoch in AGB gegenüber einem Verbraucher unzulässig, § 309 Nr. 8 b) aa) BGB.

Im Übrigen lässt sich eine Haftung nicht abschütteln. Wer also bspw. einen Verkehrsunfall baut, kann den Geschädigten nicht darauf verweisen, dass er mit einem anderen (z.B. einer Versicherung) eine Haftungsübernahme vereinbart hat.

Was ist die „protestatio facto contraria“

Der Widerspruch entgegen dem tatsächlichen Handeln („protestatio facto contraria“) bedeutet, dass tatsächliche Handlungsweise und geäußerte Erklärung auseinanderfallen. Wer bspw. in einem Restaurant das „All you can eat“-Buffet plündert, kann nicht gleichzeitig sagen, er wolle keinen Vertrag darüber schließen. Hier geht die Inanspruchnahme der Leistung dem Gesagten vor, mit der Folge, dass der Vertrag als abgeschlossen anzusehen ist.

Diese Regel ist äußerst einsichtig und allgemein anerkannt, bereits seit dem Römischen Recht. Wie genau man sie rechtlich verortet, ist dagegen umstritten. Teilweise wird sie als Unterfall von Treu und Glauben behandelt, teilweise wird einfach der geäußerte Wille für von Haus aus unbeachtlich erklärt, weil er eben offensichtlich nicht ernst gemeint ist.

Wird der Wille überhaupt nicht geäußert, handelt es sich um einen geheimen Vorbehalt.

Ähnlich zur protestatio facto contraria ist auch der Fall des „venire contra factum proprium“.

Was ist ein geheimer Vorbehalt?

Der geheime Vorbehalt wird in § 116 Satz 1 BGB behandelt:

Eine Willenserklärung ist nicht deshalb nichtig, weil sich der Erklärende insgeheim vorbehält, das Erklärte nicht zu wollen.

Wenn also jemand einen Vertrag schließt, aber innerhalb diesen Vertrag oder seine daraus entstehenden Pflichten gar nicht eingehen will, dann bleibt er daran gebunden. Schließlich kann der Vertragspartner dies ja nicht wissen, sondern muss auf die tatsächliche Erklärung vertrauen. Ansonsten wäre auch jeder Vertrag nachträglich vernichtbar, indem man einfach auf seinen damaligen Vorbehalt hinweist.

Anders verhält es sich dagegen, wenn die andere Seite den Vorbehalt kennt, dieser also nicht mehr geheim ist (§ 116 Satz 2):

Die Erklärung ist nichtig, wenn sie einem anderen gegenüber abzugeben ist und dieser den Vorbehalt kennt.

Insofern handelt es sich um eine Art Scherzerklärung (§ 118).

Was bedeuten Vermutung und Fiktion?

Mit beidem wird eine rechtliche Aussage über die Wahrheit getroffen. Eine Vermutung knüpft dafür an eine gewisse Wahrscheinlichkeit über die Wahrheit einer Tatsache an, eine Fiktion erklärt bewusst eine Unwahrheit zur Wahrheit.

Mehr dazu finden Sie hier: http://sie-hoeren-von-meinem-anwalt.de/2015/08/vermutung-und-fiktion/

Wie wird eine Frist nach dem BGB berechnet?

Die Berechnungsvorschriften im Gesetz sind sehr schwierig zu verstehen:

§ 187 Abs. 1

Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

§ 188
(1) Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist.
(2) Eine Frist, die nach Wochen, nach Monaten oder nach einem mehrere Monate umfassenden Zeitraum – Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr – bestimmt ist, endigt im Falle des § 187 Abs. 1 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher durch seine Benennung oder seine Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt, im Falle des § 187 Abs. 2 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher dem Tage vorhergeht, der durch seine Benennung oder seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht.
(3) Fehlt bei einer nach Monaten bestimmten Frist in dem letzten Monat der für ihren Ablauf maßgebende Tag, so endigt die Frist mit dem Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

§ 193
Ist an einem bestimmten Tage oder innerhalb einer Frist eine Willenserklärung abzugeben oder eine Leistung zu bewirken und fällt der bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag, einen am Erklärungs- oder Leistungsort staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so tritt an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag.

Diese Regelungen muss man sich schematisch zu Gemüte führen. Mit folgender Prüfung kann man jede Frist problemlos ausrechnen und es ist zudem – wie man gleich sieht – sehr intuitiv:

  1. Stellen Sie fest, welches Ereignis an welchem Datum die Frist auslöst (Auslösungstag).
  2. Stellen Sie daraus den grundsätzlichen Tag des Fristendes fest:
    1. Bei einer Wochenfrist liegt das Fristende am selben Wochentag wie der Auslösungstag. War dies ein Dienstag, so endet die Frist wieder am Dienstag. Die Wochen lassen sich mit einem Kalender ohne Weiteres abzählen, sodass man keine einzelnen Tage zählen muss.
    2. Bei einer Monatsfrist liegt das Fristende am Wochentag mit der gleichen Nummerierung wie der Auslösungstag. Endet eine Reise am 4. November, so läuft die Monatsfrist für Anspruchsforderungen (§ 651g Abs. 1 Satz 1) am 4. Dezember ab.
    3. Bei einer Jahresfrist liegt das Fristende am gleichen Kalenderdatum wie der Auslösungstag. Die zweijährige Verjährungsfrist für einen Kauf am 8. Januar 2014 endet am 8. Januar 2016.
  3. Schließlich muss man gegebenenfalls noch feinjustieren:
    1. Gibt es den entsprechenden Tag nicht (Monatsfrist würde am 31. April enden, Jahresfrist am 29. Februar nach einem Schaltjahr), so endet die Frist gemäß § 188 Abs. 3 am letzten Tag des Monats (30. April, 28. Februar).
    2. Fällt das Fristende auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag, so verlängert sich die Frist auf den nächsten Werktag, wobei der Samstag offensichtlich nicht als Werktag zählt.
  4. Die Frist endet zudem immer erst mit Ablauf des Tages (§ 188 Abs. 1), also um 24 Uhr.

Vielleicht ist Ihnen aufgefallen, dass wir etwas umständlich von „Auslösungstag“ und nicht einfach von „Fristbeginn“ gesprochen haben. Das liegt daran, dass der Fristbeginn nach der Konzeption des BGB erst der Folgetag ist, von diesem Tag an die vollen Wochen/Monate/Jahr berechnet werden und die Frist dann aber am Tag vor dem so errechneten Tag endet – was sehr kompliziert ist. Unsere (natürlich zu identischen Ergebnissen führende) Berechnungsweise halten wir insoweit für deutlich eingängiger und einfacher.

Was ist eine ergänzende Vertragsauslegung?

Eine ergänzende Vertragsauslegung findet dann statt, wenn die „normale“ Vertragsauslegung zu keinem Ergebnis führt. Bei der normalen Auslegung wird danach gefragt, was die Parteien vereinbaren wollten – auch, wenn sie sich möglicherweise missverständlich ausgedrückt haben. Die ergänzende Vertragsauslegung fragt dagegen nach dem hypothetischen Parteiwillen, also danach, was die Vertragspartner vereinbart hätten, wenn sie an dieses Problem gedacht hätten.

Wenn es insofern eine gesetzliche Regelung gibt, muss diese nicht unbedingt herangezogen werden. Ist klar, dass die Parteien eigentlich eine andere Vertragsklausel gewollt hätten, so kann der hypothetische Parteiwille trotzdem Vorrang genießen. Allerdings wird derjenige, für den die gesetzliche Anordnung günstig ist, im Zweifel behaupten, die Parteien hätten genau diese gewollt und deswegen nichts Abweichendes vereinbart.

Was ist eine Draufgabe?

Eine Draufgabe ist (oder besser: war) eine Leistung bei Abschluss des Vertrags, die diesen Vertragsschluss beweisen sollte. § 336 Abs. 1 BGB sagt:

Wird bei der Eingehung eines Vertrags etwas als Draufgabe gegeben, so gilt dies als Zeichen des Abschlusses des Vertrags.

Heute ist dieses Rechtsinstitut völlig irrevelant. Niemand käme auf die Idee, jemandem einen Teil des Kaufpreises zu geben, damit dieser beweisen kann, dass ein Vertrag geschlossen wurde.

Was passiert mit meinem Schadenersatzanspruch, wenn der Schädiger nicht versichert ist?

Für den Anspruch an sich ist es unbedeutend, ob der Schädiger versichert ist. Der Anspruch ergibt sich direkt aus einer Norm des BGB und richtet sich nie gegen die Versicherung, sondern immer zuerst gegen den Schuldigen selbst. Allerdings kann er von seiner (Haftpflicht-) Versicherung verlangen, dass sie ihm die Zahlung erstattet – dafür ist die Versicherung ja da.

Besteht keine Versicherung, ist dies für den Geschädigten aber unter Umständen auch ungünstig. Zwar hat er – wie gesagt – auf jeden Fall einen Anspruch, aber ob er diesen durchsetzen kann, steht auf einem anderen Blatt. Ist der Schädiger zahlungsunfähig, hat der Geschädigte oft keine Möglichkeit, wirklich zu seinem Geld zu kommen. Demgegenüber ist das Bestehen einer Versicherung natürlich viel vorteilhafter, da diese in aller Regel über ausreichend Mittel verfügt.

Haften Eltern für ihre Kinder?

Das kommt darauf an.

Grundsätzlich gibt es keine Haftungsregelung, die besagt, dass Eltern für alles verantwortlich sind, was ihre Kinder so anstellen. (Kinder sind schließlich keine Haustiere.)

Eltern haften aber für ihr eigenes Verschulden im Bezug auf ihre Kinder, nämlich, wenn sie die Ausichtspflicht verletzen, § 832 BGB. Dabei wird zunächst vermutet, dass ein durch die Kinder verursachter Schaden auf eine Verletzung der Aufsichtspflicht zurückzuführen ist, die Eltern müssen dann das Gegenteil beweisen, sich „exkulpieren“.

Haften Ehepartner für die Schulden des anderen Ehepartners?

Nein, persönlich begründete Schulden bleiben Schulden allein des Ehepartners, der die entsprechende Verpflichtung eingegangen ist. Etwas anderes gilt aber, wenn beide Ehepartner gemeinsam den Vertrag abgeschlossen haben oder der eine für den anderen bürgt. Zudem ist es möglich, dass im Rahmen der sog. Schlüsselgewalt ein Ehepartner für beide gemeinsam ein Geschäft im Rahmen der üblichen Haushaltsführung abschließt.

Wenn man etwas findet, darf man das dann behalten?

In aller Regel nicht.

Wenn man weiß, wem die Sache gehört, muss man ihn vom Fund benachrichtigen (§ 965 Abs. 1 BGB) Wenn man das nicht weiß, muss man die zuständige Behörde (das Fundbüro) verständen. Dies gilt aber nicht, wenn der Fund nicht mehr als 10 Euro wert ist. (§ 965 Abs. 2 BGB)

Allerdings darf man die Sache zunächst behalten, es sei denn, das Fundbüro ordnet an, dass man sie abliefern muss (§ 967).

Eigentümer wird man aber erst, wenn innerhalb von sechs Monaten niemand den Fund beansprucht hat. Diese sechs Monate beginnen mit der Verständigung des Fundbüros bzw. (bei Werten unter 10 Euro) mit dem Fund. Wird man nicht Eigentümer (weil also der Eigentümer zuvor seinen Anspruch erhebt), erhält man aber zumindest den Finderlohn.

Wer einen Fund, den er eigentlich anzeigen müsste (also wenn er den Finder kennt oder die Sache mehr als zehn Euro wert ist), einfach für sich behält, macht sich unter Umständen wegen Unterschlagung strafbar.

Wie hoch ist der gesetzliche Finderlohn?

Die Höhe regelt § 971 BGB. Er beträgt bei einem Wert bis 500 Euro 5 %, darüber hinaus 3 %. Ist die Sache also bspw. 1000 Euro wert, erhält man für die ersten 500 Euro 25 Euro Finderlohn, für die zweiten 500 Euro nur noch 15 Euro, insgesamt also 40 Euro.

Bei Tieren beträgt der Finderlohn immer nur 3 %.

Was ist eine Leistung an Erfüllungs statt?

Bei einer Leistung an Erfüllungs statt tritt diese Leistung an Stelle der eigentlich zu bewirkenden Leistung. Typisches Beispiel ist die Inzahlunggabe eines Gebrauchtwagens beim Neuwagenkauf: Der Käufer kann sein altes Auto anrechnen lassen, muss es aber nicht. Zahlt er nicht, so kann der Verkäufer den Geldbbetrag vollstrecken lassen, nicht aber das gebrauchte Auto des Käufers.

Die Leistung an Erfüllungs statt ist von der Leistung erfüllungshalber zu unterscheiden.

Was ist eine Leistung erfüllungshalber?

Eine Leistung erfüllungshalber zählt erst dann als echte Leistung, wenn der Gläubiger aus ihr befriedigt werden kann. Wird also beispielsweise ein Scheck (immer noch das beste Beispiel, wenngleich es heute kaum mehr Schecks gibt) übergeben, dann hat der Gläubiger von diesem Stück Papier erst einmal gar nichts. Der Scheck ist nur der Schlüssel zur eigentlichen Leistung, der Auszahlung des Geldes. Erfolgt diese nicht, weil das Konto überzogen ist, wurde tatsächlich überhaupt nicht geleistet.

Wirkt ein Erlass auch zugunsten der anderen Gesamtschuldner?

Nein, in der Regel nicht. § 423 stellt dies unter die Voraussetzung, dass „die Vertragschließenden das ganze Schuldverhältnis aufheben wollten“. Davon kann man nicht ausgehen. Vielmehr wird der Gläubiger nur einem einzelnen Gesamtschuldner seine Verpflichtung erlassen, um diesem etwas Gutes zu tun. Der Erlass wirkt hier also als Zusicherung, sich nicht an diesen einen Schuldner zu halten – aber durchaus an die anderen.

Was ist die Erlassfalle?

Bei der Erlassfalle wird zur Begleichung einer hohen Schuld ein Scheck über einen geringen Teilbetrag übergeben, in den Verwendungszweck aber „Zur Begleichung aller Verbindlichkeiten“ oder etwas ähnliches geschrieben. Das soll den Abschluss eines Erlassvertrags anbieten, den der Gläubiger durch Einlösung des Schecks annimmt. Er erhält dann also den Wert des Schecks, verzichtet aber auf sämtliche anderen Ansprüche. Dem ist sich der Gläubiger meist nich bewusst, darum stellt dies eine „Falle“ dar.

Ob der Erlassvertrag so tatsächlich zustande kommt, ist strittig und einzelfallabhängig.

Was bedeutet Rücktritt?

Wer von einem Vertrag zurücktritt, vernichtet diesen nachträglich. Aus dem eigentlich begründeten Schuldverhältnis wird ein sog. Rückabwicklungsschuldverhältnis.

Rücktrittsgründe finden sich ganz allgemein in §§ 323 bis 326 BGB, es gibt aber auch Spezialnormen. Die Rechtsfolgen des Rücktritts richten sich nach den §§ 346 bis 354.

Wann liegt eine Störung der Geschäftsgrundlage vor?

§ 313 Abs. 1 und 2 BGB besagen:

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

Geprüft wird hier also:

  1. Ist der Umstand/die Vorstellung Geschäftsgrundlage des Vertrags geworden? Dafür müssen die Parteien diese Tatsachen für so wichtig gehalten haben, dass der Vertrag mit ihnen „stehen und fallen“ soll.
  2. Haben sich diese Voraussetzungen schwerwiegend geändert bzw. liegen sie gar nicht vor?
  3. Rechtsfolge Anpassung oder Rücktritt? Frage der Zumutbarkeit unter Berücksichtigung der Interessen, der Risikoverteilung, der Zurechenbarkeit und der Vorhersehbarkeit.
Was ist eine Zweckstörung?

Zweckstörung ist ein Fall der Störung der Geschäftsgrundlage. In diesem Fall haben beide Parteien eine bestimmte Verwendung des Vertragsgegenstands zur Grundlage des Vertrags gemacht, sie aber nicht als Leistungspflicht vereinbart. Durch die Unmöglichkeit dieser Verwendungsart kann der Vertrag seinen Zweck nicht mehr erreichen, obwohl die Erbringung der Vertragspflichten noch möglich ist.

Beispiel:
Ein Münchner Wohnungseigentümer vermietet seinen Balkon an einen Berliner Touristen, damit sich dieser den Trachtenumzug zur Oktoberfest-Eröffnung ansehen kann. Aus organisatorischen Gründen muss der Umzug aber eine andere Strecke nehmen, die nicht an der Wohnung vorbeiführt.

Dies ist zunächst einmal kein Fall der Mängelhaftung. Der Wohnungsbesitzer muss weder den Umzug selbst durchführen noch hat er vereinart, für den Blick auf den Umzug zu garantieren. Auch kann er den Balkon weiterhin an den Touristen vermieten – nur hat dieser relativ wenig davon, auf eine leere Straße zu schauen. Der – für beide Seiten erkennbare – Zweck der Vermietung kann daher nicht mehr erreicht werden.

Über § 313 gelangt man so zu einem Recht auf Kündigung bzw. Rücktritt.

Was ist eine Tilgungsbestimmung?

Wenn jemand an einen anderen etwas bezahlt, ist oft nicht gleich ersichtlich, wofür das Geld ist. Insbesondere, wenn mehrere verschiedene Schulden vorliegen, kann fraglich sein, wofür nun konkret bezahlt wurde. Dies ist aber durchaus wichtig, weil unter Umständen Zinsen unterschiedlich hoch sind und zudem der Gläubiger wissen muss, wegen welcher Forderung er noch vor Gericht ziehen kann. Es muss also Klarheit darüber herrschen, welcher Schuldposten erfüllt wurde.

Dafür kann der Schuldner eine sogenannte Tilgungsbestimmung (§ 366 Abs. 1 BGB) treffen, also sagen, worauf er bezahlt. Wer eine Summe mit dem Betreff „Miete Februar“ überweist, macht dies klar. Ebenso, wenn man dem Gegenüber ein paar Geldscheine gibt und dazu sagt „Für’s Rasenmähen“. Der Gläubiger kann sich dagegen nicht aussuchen, auf welche Schuld er das Geleistete anrechnet.

Beim Fehlen einer Tilgunsgbestimmung tritt eine komplizierte Rangfolgeregelung kraft Gesetzes (§ 366 Abs. 2) ein:

Trifft der Schuldner keine Bestimmung, so wird zunächst die fällige Schuld, unter mehreren fälligen Schulden diejenige, welche dem Gläubiger geringere Sicherheit bietet, unter mehreren gleich sicheren die dem Schuldner lästigere, unter mehreren gleich lästigen die ältere Schuld und bei gleichem Alter jede Schuld verhältnismäßig getilgt.

Kann man eine Tilgungsbestimmung nachträglich ändern?

Grundsätzlich ja, man kann also z.B. nach der Zahlung eines vermeintlichen Schadenersatzanspruchs noch bestimmen, dass das Geld mit einer Arbeitslohnforderung zu verrechnen ist. Grenze ist hier nur das Prinzip von Treu und Glauben.

Darf ich an jemanden zahlen, der sich in Insolvenz befindet?

Man stelle sich folgende Situation vor: A hat bei Firma B im Januar ein Auto gekauft, A soll den Kaufpreis im Juni zahlen. Im April erfährt A, dass B mittlerweile insolvent ist. Kann und muss A nun die Schuld trotzdem an B zahlen?

Zunächst besteht die Schuld natürlich weiterhin. Sie erlischt nicht etwa durch die Insolvenz des B. Denn das Unternehmen B besteht ja weiterhin solange, bis es abgewickelt ist. Dafür werden alle Forderungen des B eingezogen und gleichmäßig auf die Schulden des B verteilt – man wird seine eigenen Schulden bei B also keinesfalls los.

Trotzdem kann man nicht etwa einfach an den Geschäftsführer der Firma B zahlen, wenn man deren Insolvenz kennt. Denn nach Einleitung des Insolvenzverfahrens geht das Recht, das Vermögen zu verwalten, auf den Insolvenzverwalter über (§ 80 InsO), Leistungen an den Insolventen selbst befreien nicht, bringen die Schuld also nicht zum Erlöschen (§ 82 InsO).

Was ist eine Drittschadensliquidation?

Bei der Drittschadensliquidation (DSL) stellt jemand einen Schaden in Rechnung, der nicht bei ihm, sondern bei jemand anderem eingetreten ist; er tut aber so, als wäre er selbst der Geschädigte. Die Kurzformel lautet: Der Schaden wird zum Anspruch gezogen.

Kann man die familienrechtlichen Regelungen (z.B. Zugewinnausgleich) analog auf eine nichteheliche Lebensgemeinschaft anwenden?

Nein, da die Partner hier ja explizit keine Ehegemeinschaft gewählt haben. Somit fehlt es an einer Regelungslücke und an einer vergleichbaren Interessenlage. Man kann unter gewissen Voraussetzungen allenfalls an eine Anwendung der GbR-Vorschriften denken.

Worauf bezieht sich § 254 Abs. 2 Satz 2 BGB?

Die Vorschrift besagt, dann man sich das Mitverschulden eines Erfüllungsgehilfen gemäß § 278 zurechnen lassen muss. Dabei ist § 254 Abs. 2 Satz 2 BGB eigentlich als Abs. 3 zu lesen. Dieser Grundsatz bezieht sich sowohl auf Abs. 1 als auch auf Abs. 2. Die Einordnung nur in Abs. 2 ist ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers.

Gilt § 447 auch bei der Versendung durch Angestellte des Verkäufers?

§ 447 BGB regelt den Versendungskauf. Hier geht die Gefahr des Untergangs der Kaufsache schon dann an den Käufer über, wenn sie dem Transportunternehmen übergeben wurde. Der Versandweg liegt also im Risikobereich des Käufers.

Fraglich ist nun, ob dies auch gelten kann, wenn der Verkäufer den Transport selbst übernimmt, also einen Lkw mit seinen Angestellten auf den Weg schickt. Es ist eigentlich seltsam, dass der Verkäufer dann nicht haften soll, wenn die Sache beim Transport kaputt geht. Die herrschende Meinung belässt es aber auch dann bei § 447, da der Verkäufer ja in diesem Fall gar nicht zur Lieferung verpflichtet wäre und er für seine freiwillige Tätigkeit nicht haften soll. Allerdings wird dieses Ergebnis wieder dadurch eingeschränkt, dass sich der Verkäufer ein Verschulden seiner Mitarbeiter gemäß § 278 BGB als positive Vertragsverletzung zurechnen lassen muss. Bei einer schuldhaften Zerstörung haftet er also trotzdem.

Wer zahlt den Anwalt bei außergerichtlichem Tätigwerden?

Das deutsche Recht geht grundsätzlich davon aus, dass jeder seine rechtlichen Angelegenheiten selbst erledigen kann. Wenn er sich, was freilich stest zulässig ist, trotzdem der Hilfe eines Anwalts bedient, ist das seine eigene Entscheidung. Den Anwalt muss er also selbst aufgrund des mit diesem geschlossenen Vertrags zahlen.

Nun gibt es aber Situationen, in denen die Notwendigkeit, einen Anwalt zu nehmen, durch das Verhalten einer anderen Person ausgelöst wurde. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn jemand eine geschuldete Leistung trotz Aufforderung nicht erbringt, er sich also im Verzug befindet (§ 286 Abs. 1 BGB).

Dann handelt es sich bei den Anwaltskosten regelmäßig um einen Verzugsschaden gemäß § 280 Abs. 1 und 2. Darauf, dass es keines Anwalts bedurft hätte, kann sich der Schuldner dann nicht berufen, da der Gläubiger nicht wissen muss, wie er sich in einem sich abzeichnenden juristischen Konflikt verhalten muss.

Dies gilt aber nur, wenn sich der Schuldner bereits im Verzug befindet, also er entweder gemahnt wurde oder eine Mahnung nicht notwendig ist, weil ein definitives Leistungsdatum vereinbart wurde (§ 286 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB). Spricht der Rechtsanwalt dagegen erst die erste Mahnung aus und tritt dadurch der Verzug ein, sind die Anwaltskosten vor dem Verzug entstanden und nicht ersatzfähig.

Wie wird es rückabgewickelt, wenn man eine weggefallene Leistungspflicht bereits erfüllt hat?

Beispiel: A kauft von B ein Auto und zahlt den Kaufpreis bereits. Das Auto soll erst eine Woche später geliefert werden. In der Zwischenzeit wird es aber gestohlen.

Nun wird der Verkäufer gemäß § 275 Abs. 1 BGB von der Leistung frei, da er eine unmögliche Schuld nicht erfüllen kann. Im Gegenzug entfällt sein Kaufpreisanspruch gemäß § 326 Abs. 1, der Käufer muss also nicht mehr bezahlen. Hier hat er aber bereits bezahlt und möchte dieses Geld wiederhaben.

Die Rückabwicklung richtet sich nun gemäß § 326 Abs. 4 nach den §§ 346 bis 348 BGB. Konkret sind nach § 346 Abs. 1 „die empfangenen Leistungen zurückzugewähren“. Eine Rückabwicklung gemäß §§ 812 ff. BGB findet nicht statt, da deren Anwendung gesperrt ist.

Kann man bei Unmöglichkeit im Schuldnerverzug sein?

Nein, Schuldnerverzug ist die schuldhafte Nichtleistung trotz Möglichkeit. Unmöglichkeit schließt also den Verzug schon begrifflich aus, da die Nichtleistung als solche nicht mehr schuldhaft sein kann.

Was ist die Voraussetzung für den Verzug?

Verzug setzt grundsätzlich Fälligkeit der Leistung und eine Mahnung zur Leistung voraus, § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Der Verzug tritt auch ohne Mahnung ein, wenn

  • Klage erhoben oder ein Mahnbescheid zugestellt wird (§ 286 Abs. 1 Satz 2),
  • über die bloße Fälligkeit hinaus auch ein bestimmter kalendarischer Leistungstermin bestimmt wurde (§ 286 Abs. 2 Nr. 1),
  • sich der Leistungstermin anhand der Gegenleistung berechnen lässt (§ 286 Abs. 2 Nr. 2),
  • eine Mahnung sinnlos wäre, weil der Schuldner die Leistung explizit verweigert hat (§ 286 Abs. 2 Nr. 3),
  • seit Zugang der Rechnung 30 Tage vergangen sind, wobei ein Verbraucher hierauf hingewiesen werden muss, (§ 286 Abs. 3) oder
  • besondere, sehr selten zu bejahende Gründe für die Annahme eines sofortigen Verzugs gegeben sind (§ 286 Abs. 2 Nr. 4).
Was ist der Verzögerungsschaden?

Der Verzögerungsschaden ist der Schaden, den der Gläubiger aufgrund des Schuldnerverzugs erleidet, der also dadurch entsteht, dass sich die Leistung vertragswidrig verzögert. Der Verzögerungsschaden ist in den §§ 280 Abs. 1 und Abs. 2 und 286 BGB geregelt.

Muss eine Einrede erhoben werden, um verzugshindernd zu wirken?

Nein, das bloße Bestehen einer Einrede schließt den Verzug aus, sofern die Einrede später noch erhoben wird.

Kann die Mahnung schon mit Begründung der Fälligkeit geschehen?

Ja, grundsätzlich können Fälligstellung und Mahnung gleichzeitig erfolgen. Dies ist bspw. der Fall, wenn bereits auf der Rechnung gemahnt wird. Allerdings muss sich das Zahlungsverlangen hier eindeutig ergeben, der Schuldner muss also wissen, dass er nun gemahnt ist und damit Verzug eintritt.

Wirkt eine Mahnung gegen alle Gesamtschuldner?

Nein, die Mahnung wirkt gemäß § 425 BGB immer nur gegen den einen Schuldner, dem sie zugegangen ist. Hier findet keine gegenseitige Zurechnung statt und der eine Schuldner ist auch nicht Vertreter der anderen.

Was ist eine Handschenkung?

Als Handschenkung bezeichnet man ein Geschenk, das sogleich übergeben („in die Hand gedrückt“) wird. Das Schenkungsversprechen ist zwar formnichtig, wenn es nicht notariell beurkundet wird (§ 518 Abs. 1 BGB). Allerdings kann dieser Mangel gemäß § 518 Abs. 2 durch Vollzug der Schenkung geheilt werden. Die Handschenkung ist also wirksam.

(Letzte Aktualisierung: 25.05.2021)

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