Verfassungsbeschwerde im Zivilrecht

Auch im Zivilrecht kann gegen das letztinstanzliche Urteil Verfassungsbeschwerde eingelegt werden.

Zunächst muss allerdings, wie dies in jedem Bereich der Fall ist, der normale Rechtsweg vor den Zivilgerichten durchlaufen werden. Sofern diese die Grundrechte eines Beteiligten nicht ausreichend beachten oder verkennen, besteht die Chance, dass das Bundesverfassungsgericht diese Entscheidungen aufhebt und eine neuer Verhandlung anordnet.

Rechtsanwalt Thomas Hummel ist auf diesen Bereich spezialisiert und kann Sie gerne beraten und vertreten. Er und seine Mitarbeiter haben bereits zahlreiche Verfassungsbeschwerden, auch aus dem Zivilrecht, bearbeitet.

Auf dieser Seite geht es in erster Linie um die Besonderheiten der Verfassungsbeschwerde gegen eine zivilrechtliche Entscheidung. Die Grundlagen zur Verfassungsbeschwerde erfahren Sie hier: Häufige allgemeine Fragen zur Verfassungsbeschwerde (anwalt-verfassungsbeschwerde.de)

Wann ist eine Verfassungsbeschwerde möglich?

Vor einer Verfassungsbeschwerde muss zunächst der gesamte Rechtsweg durchlaufen werden. Das umfasst jedes vom Gericht zugelassene Rechtsmittel.

Soweit keine explizite Zulassung durch das Gericht erfolgt, gibt es

  • bis 600 Euro Streitwert kein Rechtsmittel,
  • bis 20.000 Euro Streitwert die Berufung und
  • über 20.000 Euro Streitwert die Berufung und gegen das Berufungsurteil die Nichtzulassungsbeschwerde.

Im Bereich der Arbeitsgerichtsbarkeit gilt grundsätzlich das Gleiche. Allerdings sind die Rechtsmittel in etwas weiterem Umfang zulässig. Letzte Instanz ist hier fast immer das Bundesarbeitsgericht.

Die konkret zur Verfügung stehenden Rechtsmittel kann Ihnen Ihr Instanzanwalt erklären.

Soll ich mich um Zulassung weiterer Rechtsmittel bemühen?

Im gerichtlichen Verfahren und vor allem in den Rechtsmittelinstanzen sollten Grundrechte angesprochen werden.
Im gerichtlichen Verfahren und vor allem in den Rechtsmittelinstanzen sollten Grundrechte angesprochen werden.
Grundsätzlich ist es sinnvoll, im Verfahren bereits die Zulassung der Berufung oder der Revision anzuregen. Dies geschieht während der jeweiligen Instanz gegenüber dem Gericht. Auf diese Weise sichert man sich weitere Möglichkeiten, ein positives Urteil zu erreichen. Über die Berufung und die Revision hat man dann regelmäßig erfolgversprechendere Möglichkeiten als über die Verfassungsbeschwerde. Wird ein Rechtsmittel nicht zugelassen, gibt es hiergegen grundsätzlich kein Rechtsmittel (Ausnahme: Nichtzulassungsbeschwerde, siehe unten).

Wenn man allerdings davon ausgeht, dass aufgrund des anzuwendenden Rechts keine Chance besteht, vor den Zivilgerichten zu seinem Recht zu kommen, ist dies weniger sinnvoll, sondern verlängert nur den Weg zur Verfassungsbeschwerde.

Bei der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Berufungsurteil ist aber zu beachten, dass diese ein eigenes Rechtsmittel darstellt und ergriffen werden muss, wenn sie zur Verfügung steht. Versäumt man dies, ist der Weg zur Verfassungsbeschwerde versperrt.

Kann die Verfassungsbeschwerde darauf gestützt werden, dass der Gegner meine Grundrechte verletzt hat?

Grundsätzlich nicht.

Die Grundrechte binden den Staat und im Prozess insbesondere das Gericht, nicht den Gegner als Privatperson. Mehr dazu: Gegen wen gelten die Grundrechte? (anwalt.de)

Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde ist also nicht, dass der Gegner die Grundrechte verletzt hat, sondern dass das Gericht bei seiner Entscheidungsfindung die Grundrechte nicht ausreichend beachtet hat. Das ist grundsätzlich der Ausgangspunkt für jede Verfassungsbeschwerde im Zivilrecht.

Bei der Beurteilung eines zivilrechtlichen Sachverhalts (z.B. zwischen Vertragspartnern) muss das Zivilgericht dann aber auch die Grundrechte berücksichtigen. Der Richter muss sich also fragen, ob die Grundrechte nicht Auswirkungen auf die Entscheidung haben.

Insbesondere müssen sogenannte offene Rechtsbegriffe (Treu und Glauben, unzumutbar, angemessen, Gemeinwohl) unter Heranziehung der Grundrechte ausgelegt werden. Da derartige Grundrechtsverstöße meist nicht so offensichtlich zu Tage treten, ist hier eine besonders intensive Prüfung des Urteils und der Urteilsbegründung notwendig.

Müssen Grundrechte bereits im Verfahren angesprochen werden?

Nicht unbedingt, die Gerichte sind verpflichtet, die Grundrechte der Beteiligten selbständig („von Amts wegen“) zu beachten. Wenn man sich also im Verfahren nicht auf Grundrechte berufen hat, hindert einen das nicht daran, später die Verfassungsbeschwerde einzulegen.

Allerdings kann es natürlich sehr sinnvoll sein, auch in den Grundrechten verortete Argumente im Instanzverfahren bereits vorzubringen. Denn gerade die Zivilgerichte haben die Grundrechte, die in privatrechtlichen Streitigkeiten meist eine geringe Rolle spielen, oft nicht derart „auf dem Schirm“, dass sie sie zwangsläufig beachten. Insoweit ist anzuraten, auf die (ausnahmsweise) Bedeutung von Grundrechtes hinzuweisen.

Kann im Mietrecht und im Arbeitsrecht das Sozialstaatsgebot herangezogen werden?

Prinzipiell schon, allerdings gehen die Gesetze in diesen Rechtsbereichen in aller Regel weit über das hinaus, was aus der Verfassung heraus abgeleitet werden kann. Das materielle Recht erfüllt die aus dem Sozialstaatsgebot folgenden Verpflichtungen also fraglos.

Allenfalls bei der Auslegung durch die Gerichte kann es zu „Ausreißern“ kommen. Dies muss im Einzelfall betrachtet werden. Hierfür braucht es eine genaue Überprüfung der Begründung des Urteils.

Müssen auch die Unterlagen der vorgerichtlichen Auseinandersetzung eingereicht werden?

Das Bundesverfassungsgericht braucht grundsätzlich alle Unterlagen, um die Richtigkeit des Urteils prüfen zu können. Dazu können auch Dokumente gehören, die vor dem gerichtlichen Verfahren ausgetauscht wurden.

In aller Regel dürften diese aber dann bereits Teil des späteren gerichtlichen Verfahrens geworden sein. Jedenfalls sollte sich aber aus diesen Unterlagen nicht ergeben, dass der Rechtsweg nicht korrekt genutzt wurde, weil wichtige Informationen dem Gericht nicht zur Verfügung standen.

Rechtsanwalt Thomas Hummel wird daher auch außergerichtliche Dokumente prüfen und entscheiden, ob es sinnvoll ist, diese mit der Verfassungsbeschwerde einzureichen.

Mit welchen Kosten muss ich für die Verfassungsbeschwerde rechnen?

Eine Verfassungsbeschwerde im Zivilrecht kostet in der Regel einige tausend Euro. Der genaue Preis ist vom Umfang und der Schwierigkeit der Rechtsmaterie abhängig. Für diese Einschätzung ist es notwendig, dass Sie die Unterlagen des Gerichtsverfahrens, insbesondere die Gerichtsentscheidungen und die Rechtsmittelschriften Ihres bisherigen Rechtsanwalts übersenden.

Rechtsanwalt Thomas Hummel wird Ihnen nach Sichtung der Unterlagen einen verbindlichen Preis nennen. Anschließend können Sie sich entscheiden, ob Sie die Verfassungsbeschwerde in Auftrag geben wollen oder nicht. Wenn Sie sich dagegen entscheiden, fallen keine Kosten an.

Wirkt eine Prozesskostenhilfeentscheidung auch im Verfassungsbeschwerdeverfahren?

Nein, für die Verfassungsbeschwerde bedarf es einer weiteren PKH-Entscheidung durch das Bundesverfassungsgericht selbst. Diese wird aber sehr selten gewährt, da das BVerfG der Ansicht ist, man können die Verfassungsbeschwerde ohne Probleme auch selbst einreichen.

Wie hoch sind die Chancen einer Verfassungsbeschwerde im Zivilrecht?

Die Chancen einer Verfassungsbeschwerde sind allgemein relativ gering. Nur ca. 3 % der Verfassungsbeschwerden werden positiv entschieden.

Im Zivilrecht gibt es noch die Problematik, dass die Grundrechte im Privatrechtsverhältnis nicht gelten. In der Beziehung zwischen Kläger und Beklagtem des Ausgangsverfahrens finden die Grundrechte also kaum Anwendung, dementsprechend kann man dem Zivilgericht auch oft nicht unterstellen, dass es die Grundrechte verkannt hat.

Es braucht daher eine genaue Darlegung, inwieweit die Gerichte die Grundrechte – vor allem bei der Auslegung von Rechtsbegriffen – hätten beachten müssen.

Mehr Informationen:

(Letzte Aktualisierung: 11.07.2021)

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